Gottes Neue Bibel

Bischof Martin

Die Entwicklung einer Seele im Jenseits

- Kapitel 19 -

Bischof Martins Bedenken über die vergebliche Arbeit - Petrus' gute Erwiderung unter Hinweis auf die leeren, geistlosen Verrichtungen eines römischen Bischofs

Dieses Zunichtewerden der Fische fängt, je länger es dauert, desto mehr den Bischof Martin zu genieren an, so daß er nun schon ärgerlich wird und bei sich zu murmeln anfängt: ,,Ist aber das eine blitzdumme närrische Arbeit! Ich bin schon beinahe ganz hin vor lauter Fischeherausheben und Hin-ans-Ufer-Schleudern, und das alles für nichts und wieder nichts! Denn es bleibt ja keiner: ein jeder vergeht wie die Butter an der Sonne! Das wird etwa doch merkwürdig dumm sein? Nein, ist aber das eine extraordinär blitzdumme Arbeit!
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Ich muß doch einmal genauer nachsehen, wohin denn diese Fische so schnell kommen! - Hm, hm, kann nichts bemerken! - Wieder ein Wurf von meinem Kollegen, und nichts bleibt in diesem Reiche der Unvergänglichkeit! Eine schöne Unvergänglichkeit - das! Auf der Erde bleibt von dem Dagewesenen wenigstens nicht viel übrig; aber von gar nichts ist da keine Rede so wie hier, denn hier bleibt von dem einmal Daseienden gar nichts zurück!
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Ich habe mich schon so etwa auf einen heißen abgesottenen Lachs, Stör oder sonst einen Fisch gefreut. Aber bei der alles verzehrenden Schärfe dieser Geisterweltluft, die für die Fische sehr eingenommen zu sein scheint, wird damit enorm wenig herausschauen! Ich habe zwar freilich noch eigentlich keinen Hunger; aber ein ziemlich fühlbares Appetitchen wandelt mich dennoch an, und der Gedanke an einen heiß abgesottenen Lachs macht mir den ganzen Mund wässrig!
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Es ist zwar hier um eine ganze Million besser, als da war mein früherer Stand; aber diese luftige Fischerarbeit wird sich für die ganze Ewigkeit auch nicht übel machen! Es ist auch merkwürdig, wie es hier schon lange morgendämmert; aber von einer Sonne, die da aufgehen soll, kommt nichts zum Vorschein!
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Sonderbare Welt, sonderbares Sein! Man kann's nehmen und betrachten, wie man's will, so ist's und bleibt's dumm! Diese meine einzigen Freunde sind zwar sehr weise in ihren Worten, aber dafür desto dümmer im Handeln! Man nehme nur diese ganz zwecklose Fischerei an! Was ist das doch für eine läppisch-tolle Arbeit, und doch betreiben sie diese zwei, als wenn das Heil der Ewigkeit davon abhinge! Aber was will ich machen? Was Besseres habe ich nicht zu erwarten, und so muß es in Gott's Namen gut sein! Daher nur lustig diese Luftfische herausgefischt; vielleicht wird nachher doch wieder etwas anderes zum Vorscheine kommen!
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Petrus fragt den Bischof Martin: ,,Was murmelst du denn so in dich hinein? Bist etwa schon müde?"
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Spricht Bischof Martin: ,,Müde, Freund, bin ich gerade nicht. Aber ich muß dir offen gestehen, daß mir diese Arbeit denn doch ein bißchen spaßig vorkommt, trotzdem ich mehr als überzeugt bin, daß du und besonders unser Meister sehr weise Männer seid!
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Schau, schau, - nun arbeiten wir schon eine ziemlich geraume Zeit bloß für die Luft, oder noch besser für nichts! Der erste große Fisch ist beim Plunder, und der zweite zehnköpfige? Ich seh' nichts mehr von ihm! Diese Kleinfische werden von der Luft schon eher verzehrt, als sie noch den Boden berühren! Frage: wozu ist solch eine leere Arbeit wohl gut?
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Ich erkenne euch wohl als sehr weise Männer, und es wird diese Arbeit wohl auch einen sehr weisen Zweck haben. Aber laßt mich doch auch ein bißchen erfahren, warum wir diese anscheinend höchst leere Arbeit verrichten, wozu das eigentlich gut ist oder sein wird!"
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Spricht Petrus: ,,Schau, schau, lieber Freund und Bruder! Als du auf der Welt ein Bischof warst, sage: wie viel noch leerere Arbeiten hast du verrichtet? Hätte dich aber wohl jemand fragen dürfen, wozu sie in Wahrheit gut wären und ob an ihnen wohl in Wirklichkeit etwas gelegen wäre - z.B. an der Glockentaufe, Orgelweihe, an den verschiedenartigen sogenannten priesterlichen Gewändern?
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Welche Bedeutung und Kraft hätte die Impfel, der Mantel, der Chorrock, die Stole, das Meßgewand, das Predigerhemd, das Quadratel und tausend derlei Dinge mehr? Welche Kraft liegt etwa in den verschiedenartigsten Mönchskutten? Warum ist ein und derselben Mariä Bild wundertätiger als das andere? Warum ist der Florian fürs Feuer und warum Johann Nepomuk fürs Wasser, da doch beide ins Wasser geworfen wurden: der eine in Oberösterreich bei Linz in die Donau, der andere in Böhmen zu Prag in die Moldau?
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Warum ist unter den vierzehn Nothelfern Jesus nicht auch vorfindlich? Und warum wird in der heiligen Bitt-für-uns-Litanei von den Menschen zuerst Gottes Barmherzigkeit angerufen, da sich nachher die Betenden dennoch an die Heiligen um Fürbitte wenden? Warum wenden sie sich zuerst an Gott und nachher erst an die Heiligen? Wollen sie etwa Gott bewegen, die Heiligen anzuhören? Können sie aber gleich anfangs Gott bewegen, wozu rufen sie dann die Heiligen an?
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Warum wird im sogenannten Rosenkranze Maria zehnmal und Gott nur einmal mit des Herrn Gebet angerufen? Warum sind in einer Kirche große, kleine, hölzerne und metallene Kruzifixe im Überfluß vorhanden, und warum wenigstens noch einmal soviel Marias in allen möglichen Formen?
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Was ist zwischen einem feierlichen Amte und zwischen einer gemeinen stillen Messe für den Geist für ein Unterschied? Wann hat Christus, Petrus oder Paulus dieses, im Geldpreise verschieden hochstehende sogenannte unblutige Opfer eingesetzt? Wie muß das Herz Gottes beschaffen sein, daß es ein höchstes Wohlgefallen haben kann, Seinen Sohn täglich millionenmal abschlachten zu sehen?
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Schau, schau, du mein lieber Freund, eine Unzahl so ganz leerer und vollkommen geistloser Verrichtungen vollführtest du in der Welt, ohne selbst nur im geringsten daran zu glauben! Und doch ist dir bei solch leerer Fischerei nie eingefallen, wenigstens dich selbst zu fragen: ,Wozu solch leere Arbeit?` Sie ist dir bezahlt worden, wirst du sagen! Gut, auch hier brauchst du nicht umsonst arbeiten! Was willst du denn da noch mehr?
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Ich aber sage dir, diese Arbeit ist bei weitem nicht so gehaltlos, wie da war deine irdische! Darum murmle künftig nicht mehr in dich hinein, sondern rede offen, was dich drückt, da werden wir mit unserer Leerfischerei bald zu Ende sein! Aber so du noch lange so einen römischen Geheimniskrämer machen wirst, werden wir auch noch lange zu fischen haben; und der Fang wird noch lange so zunichte werden gleich unserer Belehrung in deinem Herzen! - Verstehe das! Nun nimm wieder deinen Tauchbären zur Hand und arbeite fortan unverdrossen!"

Fußnoten