Bischof Martin
Die Entwicklung einer Seele im Jenseits
- Kapitel 18 -
Auf der Fischjagd
Spreche Ich: ,,Freund, nur keine Furcht, denn wir sind guter Dinge wegen auf dem Wasser, und da mag es tief sein, wie es wolle, so haben wir nichts zu befürchten! Nun, aufgepaßt, das Schleppnetz hinausgeworfen! Dort, wo das Wasser stark wogt, ist ein ungeheurer Fisch! Nur behende, daß er uns nicht entgeht!"
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Die beiden werfen das Netz hinaus, und kaum hat es sich im Wasser ausgebreitet, fährt auch schon ein sichtliches Ungeheuer von einem Fisch hinein. Und da es das starke Netz nicht durchbrechen kann, so reißt es das Schiff pfeilschnell mit sich fort auf der Oberfläche und macht keine Rast, sondern wütender und wütender schleppt es das Schiff mit sich fort.
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Der Bischof, darob voll Entsetzen, ruft: ,,O um Gottes willen, was jetzt?! Nun sind wir offenbar verloren! Das Ungeheuer füllt das Netz gerade kaum mit seinem halben Kopfe aus! Der Leib reicht Gott weiß wie weit noch ins Wasser hinein; es ist sicher dreimal so groß als unser Schiff! Wenn wir's auch erlegen könnten, wohin möchten wir dann damit?! - Oh, oh, immer wütender und schneller rennt es mit unserm Fahrzeuge zum ... O-Gott-steh-uns-bei!"
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Nun redet Petrus: ,,Sei nur nicht kindisch! Laß rennen den Fisch, wohin und wie lange es ihn freut! Solange er den Kopf im Netze hat, geht er nicht unter, daß weiß ich als ein alter Fischer. Und wenn er sich wird zur Genüge ausgerannt haben, da wird er schon ruhiger werden, und wir werden dann ein leichtes haben, uns seiner zu bemächtigen und ihn ans Ufer schleppen! Denn siehe dorthin - der Fisch rennt gerade einem Ufer zu; da wird es dann schon wohlfeiler gehen mit seinem Davonrennen!
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Und hast du denn vergessen, was da unser aller hochgeliebter Meister geredet hat? - Siehe, Er ist ruhig, daher seien es auch wir! Wenn es aber heißen wird: ,Nun Mir nach, die Hände ans Werk!`, dann erst heißt es sich rühren, wie Er es anordnet. Denn über Ihn gibt es keinen Meister in der Fischerkunst! Jetzt aber heißt es: Aufgepaßt, der Moment unserer Tätigkeit wird sogleich eintreten!"
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Nun rede Ich: ,,Petrus, nimm du den großen Haken und stoße ihn kräftig hinter die Kiefer! Und du, Freund Martin, springe nun behende ans Ufer, ergreife kräftigst das Schiffstau und ziehe es ans Ufer! Befestige es schnell an den vorhandenen Stock, springe dann wieder ins Schiff herein, nimm den zweiten Haken und tue, was Petrus tat! Denn siehe, das Ungeheuer hat die rechte Mattigkeit erlangt, und wir werden seiner nun leicht Meister! Also nur behende!"
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Der Bischof Martin tut eiligst, wie ihm geboten wurde. Das Schiff ist befestigt, und unser Martin ist schnell wieder im Schiff. Er ergreift den Haken und stößt ihn scharf und stark hinter die andere Kieferlappe, und so ist das Ungeheuer nun wohl befestigt.
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Und nun befiehlt der Herr: ,,Gehet hinaus ans Ufer, bringt das große Tau, an dem ein schwerer und scharfer Wurfhaken befestigt ist; dort nahe an der Hütte ist es schon in Bereitschaft! Ich werde unterdessen mit den beiden Hakenstangen den Fisch näher ans Ufer hin bringen, wo ihr dann äußerst schnell den Wurfhaken auf den Kopf des Tieres schleudern müßt. Und du, Freund Martin, darfst nicht erschrecken, so der Fisch dabei einige mächtige Bewegungen machen wird, die dir freilich ganz grauenerregend vorkommen werden. Aber nur Mut und Beharrlichkeit - dann geht alles! Also nun Mir die beiden Stangen in die Hände gegeben und ihr eilet an euer Werk!"
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Alles geschieht pünktlich. Aber als dem Fisch der schwere und scharfe Wurfhaken ins Lebendige dringt, fängt er an, ganz schrecklich (für den Bischof Martin) sich zu winden und zu bäumen. Er treibt dadurch mächtige Fluten ans Ufer, so daß manchmal unser neuer Fischer Martin ganz vom Wasser zugedeckt wird, was ihn um so mehr geniert, weil manchmal der tausendzähnige Rachen des Fisches ihm beim Halten des Taues sehr nahe kommt und zugleich stark nach ihm schnappt. Er ist in großer Angst, aber nun mehr um Mich als um sich, indem er sieht, wie der Fisch mit seinem mächtigen Schwanze das Schiff schon einige Male ganz übers Wasser emporhob und dann wieder niederschleuderte.
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Petrus aber spricht zu ihm: ,,Halte nur fest, Bruder! Nimm alle deine Kräfte zusammen, sonst reißt uns das furchtbare Ungeheuer in die Meerestiefe hinein, wo es uns eben nicht am besten erginge!"
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Spricht der Bischof Martin: ,,O Bruder, wenn ich nur hinter dir wäre! Die Bestie schnappt fortwährend nach mir, und unser Meister schiebt es noch dazu völlig mir unter die Nase, wo dies schrecklichste Untier gerade vor meinem Kopfe in einem fort seinen schrecklichen Rachen drei gute weit aufreißt und dann wieder so gewaltig zusperrt, daß es mir dadurch wenigstens hundert Wasser ins Gesicht speit!
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Ah, das ist eine verzweifelt schwere und sehr gefahrvolle Arbeit! Diese Arbeit wäre ja für Galeerensklaven zu schlecht! - Oh oh, m-m-m - brrr, brrr, - ah - ah, - schon wieder eine volle Ladung Wasser im Gesicht! Ich werde noch ersaufen, so mich die Bestie noch einige Male anspeien wird! Eh - eh, der Rachen geht schon wieder auf! Nein, ich halte es nimmer aus! Das Wasser ist so entsetzlich kalt, daß mich nun schon so friert, als wenn ich mutternackt auf dem Eise läge! Jetzt wird er gleich wieder zuschnappen!"
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Spricht Petrus: ,,Da nimm die Spreize und spreize ihm den Rachen auf, so wird er nimmer zuschnappen können!"
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Spricht Bischof Martin: ,,Nur her damit! - Ist schon gehörig darinnen! - Oho, du gewaltiges Vieh, jetzt wird dein Schnappen wohl einmal ein Ende haben? Das war wirklich ein guter Gedanke von dir; nur hättest du ihn um ein paar Dutzend Schnapper früher fassen sollen, da wäre ich nicht so jämmerlich durchnäßt worden! Aber so ist es nun auch gut."
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Nun rede Ich vom Schiffe: ,,Gut so; befestigt nun auch das Hakentau an einem Stock und kommt dann schnell wieder ins Schiff! Das ist schon unser Fisch, der geht uns nimmer durch! Wir aber wollen unser Schiff sogleich wieder flott machen und in die hohe See hinausstoßen, vielleicht machen wir in kurzer Fristung noch einen ansehnlicheren Fang?"
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Die beiden tun schnell, was ihnen befohlen wird. Bischof Martin kratzt sich hinter den Ohren zwar - denn er hätte gewisserart für einmal schon genug; dessenungeachtet aber tut er dennoch schnell, was von Mir geboten wurde.
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Nun sind schon wieder beide im Schiffe, das jetzt wieder pfeilschnell davoneilt.
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Ich aber mache zu Bischof Martin unterwegs die Bemerkung: ,,Freund, du mußt dir hier schon angewöhnen, stets unverdrossen zu sein. Denn wer etwas mürrisch an die Arbeit geht, dem glückt selten ein Werk! Daher Geduld, Mut und Ausharrung; die Freude kommt erst nach vollbrachter Arbeit!
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Ja, mein lieber Freund, hier im Geisterreiche ist es nichts mit deinem oft auf der Welt herabgeplärrten: !, sondern: Arbeitet, dieweil es noch Tag ist! Genug, so man in der Nacht ruht, in der niemand arbeiten kann! Als du Nacht hattest, warst du auch arbeitslos; da aber nun auch dir der Tag angebrochen ist, so mußt du auch arbeiten - denn das Gottesreich ist ein Arbeitsreich und kein Faulenzer- und Brevierbeterreich! Daher nur frischen Mutes!
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Seht dorthin gegen Mitternacht, wo noch eine starke Dämmerung auf dem Gewässer rastet! Dort wogt das Meer stark, doch ist kein Wind weder hier noch dort; sonach kann der Grund solch einer wogenden Bewegung kein anderer sein als irgendein mächtig großer Fisch! Daher hurtig hingesteuert und alle Hände ans Werk gelegt; dieser Fisch soll hauptsächlich unsere Mühe lohnen!"
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Bischof Martin spricht: ,,O Freund, der wird uns wohl etwa mit der Hilfe des Gott-steh-uns-bei den Garaus machen. Aber wozu braucht man denn hier im Geisterreiche so viele und so närrisch große Fische? Gibt es denn auch hier Fasten, wo man nur Fischfleisch essen darf? Oder wird das Fleisch und das Fett solcher Fische etwa auch hier weiterhin versendet und verhandelt?"
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Rede Ich: ,,Jetzt nur schnell jeder von euch ein Schwert in die Hand; denn das ist eine zehnköpfige Hydra! Das Ungeheuer hat uns gesehen und schießt schnurstracks auf uns zu. Du, Petrus, weißt schon, wie derlei Fische gefangen werden; du, Bischof Martin, aber tue, was der Bruder tun wird! Wie diese zehnköpfige Hydra ihre Schlangenköpfe über Bord hereinbeugen wird, dann nur hurtig gemäht, bis alle zehn Köpfe von dem langen Schlangenleibe getrennt sind; das andere werde dann schon Ich machen! Das Untier ist hier, also nun nur zugehauen!"
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Seht, Petrus putzt mit seinem scharfen Schwerte der dem Bischof Martin entsetzliches Grauen erregenden Hydra einen Kopf um den andern von ihrem schwarzen, panzerartigen Schuppenleibe, oder vielmehr vom Halse, da vom Leibe auch zehn Hälse ausgehen, auf deren jedem ein Kopf gewachsen ist. Aber unser Bischof Martin weiß nicht recht, wo er hinhauen soll, um einen Kopf zu treffen, da er vor lauter Angst beinahe nichts sieht und die Augen mehr zu als offen hält.
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Nun aber hat Petrus gerade den zehnten Kopf von eben auch dem zehnten Halse getrennt! Ströme von Blut entstürzen dem Ungeheuer. Das Meer ist weit herum mit Blut gefärbt und wogt für den Bischof überaus stark ob des gewaltigen Wütens des nun völlig enthaupteten Untieres, das fürs Auge unseres Bischof Martin eine Länge von 111 Klaftern mißt und ebensoviel im Umfange.
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Nun rede Ich wieder zu den zweien: ,,Petrus, lege nun das Schwert wieder an seinen Ort und reiche Mir den großen Stanghaken, damit Ich ihn in den Bauch des Ungeheuers stoße und dasselbe herziehe! Du, Martin, aber ergreife das Steuerruder und stecke es in den siebenten Grad des Aufgangs, und wir werden mit diesem ausgezeichneten Fange bald wieder am Ufer sein!"
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Alles geschieht nach der größten Ordnung, und das Schiff, die Beute mit sich herziehend, eilt auch schon wieder mit Wurfschnelle dem bekannten Ufer zu.
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Da aber nun das Schiff dem Ufer schon sehr nahe ist, späht Bischof Martin sorglichst, was etwa der frühere große Fisch noch macht. Aber er erstaunt nicht wenig, als er vom ganzen Fische keine Spur mehr findet, und spricht sogleich:
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,,Aber, aber, aber, - was ist denn das?! Da haben wir's - jetzt hat uns dieses zweite Ungeheuer beinahe alle Lebenskräfte entrissen, bis wir's erlegt und gefangengenommen haben und hierher geschleppt; während solcher wahren Millionmühe aber ist der erste Fang zum Plunder gegangen! Mir ist es wohl vorgekommen, als hätten wir es ein wenig zu locker befestigt!
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Ei, ei, das ist doch fatal! Soviel Mühe hat uns die Bestie gemacht, und jetzt haben wir erst nichts für alle unsere Gefahr und Mühe! Liebe Freunde, diese Beute müssen wir schon etwas mehr befestigen, sonst geht sie uns auch zum Plunder, so wir etwa wieder auf einen neuen Fang ausgehen werden!"
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Spricht Petrus: ,,Sorge dich um nichts - der erste Fisch ist schon versorgt! Denn hier gibt es noch mehr Arbeiter, die schon wissen, was sie zu tun haben, so wir ihnen einen Fang ans Ufer stellen! Nun aber, da wir uns bereits am Ufer befinden, springe schnell hinaus und mache das Schiff fest. Ich und der Herr Meister aber werden die große Beute ans Ufer ziehen!"
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Bischof Martin, etwas verblüfft, tut sogleich, was ihm Petrus sagt; wir aber tun vor seinen Augen, was ihm Petrus sagte.
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Die zweite Beute ist nun auch befestigt, und Ich spreche: ,,Da dieser Fang so gelungen ist, so haben wir damit eine Hauptarbeit beendet; daher laßt uns nun hier am Ufer mit den Tauchbären die kleineren Fische aus dem Wasser heben und ans Ufer werfen! Denn die zwei größten Ungeheuer haben wir erlegt, und es wird dergleichen nicht mehr geben in diesem Gewässer; darum gehen wir nun unverdrossen an diese leichtere Arbeit! Treten wir nur wieder ins Schiff und versuchen, wie es mit dem Kleinfischfang gehen wird!"
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So geschieht, wie Ich angeordnet habe. Die beiden stoßen die Tauchbären ins Wasser und Ich leite das Schiff. Die Arbeit geht gut vonstatten: jeder Zug füllt die Tauchbären mit allerlei Fischen, die die beiden behende ans Ufer hinausschleudern; die Fische aber, so sie das Ufer berühren, werden alsbald zunichte. -