Von der Hölle bis zum Himmel: Die Jenseitige Führung des Robert Blum
Band 2
- Kapitel 225 -
Maßnahmen der Kirchenhäupter. Der Herr über Glaubenserweckung. Niederlagen als Hochmutsarznei
Nach einer Weile vernehmen wir Orgeltöne, und zwar die Melodie des sogenannten Tedeum laudamus. - Joseph fragt Mich: ,,Herr, Du bester, heiligster Vater, was soll das bedeuten? Welchen Gott loben Deine offenbaren Widersacher, denn von Dir kann da doch ewig keine Rede sein!"
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Sage Ich: ,,Mein lieber Bruder, meinst du denn, daß sich die je um irgendeinen Gott gekümmert haben? Dieses Loblied gehört zu ihrer leeren Zeremonie und hat für sie selbst gar keinen Wert, außer daß es ihnen Geld trägt. Hier aber soll es bloß als ein Schreckmittel uns vermeinte Teufel in die Flucht treiben, da sie der Meinung sind, daß die überaus dummen Teufel sich durch scheinbar frömmliche Dinge sogleich vertreiben lassen. Zwar halten die meisten Pfaffen bei sich selbst nichts davon, aber sie üben sie dennoch aus, um damit die Dummheit noch breiter zu machen. Das ist nun der Grund, daß wir bei solch geweihten Tönen gleich davonlaufen sollen!"
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Sagt Joseph: ,,Nicht übel! Aber gibt es denn nichts, um diesen Kerlen einen recht derben Schabernack entgegenzusenden, daß sie vor Angst speien möchten? Vielleicht könnte so etwas diese Wesen auf andere Gesinnung bringen."
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Sage Ich: ,,Das darf aus zwei Hauptgründen nicht geschehen. Erstens, um sie nicht in ihrer Freiheit zu stören - da kein gebundener Geist mehr etwas zu seiner Besserung leisten kann und an sich so gut wie tot ist. Zweitens könnte man diese Geister, die doch selbst an gar keine Wunder glauben, durch ein noch so reines Wunderwerk nie zu irgendeinem Glauben bringen. Sie würden die großartigsten Wunder geradeso ansehen, wie zu Meiner Zeit auf der Erde die Priester und Schriftgelehrten alle Meine Wundertaten aufgenommen haben.
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Sieh, bei Meinem Tod zerriß der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Teile; die Bundeslade verschwand und ward hernach nicht mehr gesehen; Sonne und Mond verloren ihr Licht; die Gräber öffneten sich, und die Verstorbenen kamen aus den Gräbern und verkündigten Meine Ehre. Viele Heiden schlugen sich an die Brust und sagten: ,Dies war wahrhaftig ein Gott!` und glaubten darauf fest an Meinen Namen. Aber die Priester und Schriftgelehrten wurden darauf nur noch härter und verfolgten mit aller Energie Meine Schüler und Meine Lehre. Mehr kann man denn doch nicht tun, als einen Lazarus, der bereits vier Tage im Grab gemodert hatte, vom sichersten Leibestod erwecken und ihn frisch und gesund den Seinen wiedergeben. Welchen Erfolg aber hat diese Tat bei den Priestern, Pharisäern und Schriftgelehrten zuwege gebracht? Nichts anderes, als daß sie hernach desto mehr zu beraten anfingen, Mich aus der Welt zu schaffen! - Aus dem kannst du ersehen, wie wenig bei diesen Wesen, die noch zehnmal ärger sind als die jüdischen Priester zu Jerusalem, ein wie immer geartetes Wunder wirken würde. Eine gute, wahrheitsvolle Rede bleibt noch immer das beste Mittel, um sie auf einen bessern Weg zu bringen, obschon vorderhand bei diesen hier nicht viel zu erhoffen ist."
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Sagt Joseph: ,,Ja, das ist wahr, bei diesen wird sich wenig machen lassen. Neugierig aber bin ich, was die Kerle nun machen werden!" - Sage Ich: ,,Sieh nur hin, wo noch der Höllenrachen in künstlicher Glut sich befindet! Von dort aus wird nach plötzlicher Verwandlung dieser höllischen Spektakelszene die neue Prozedur beginnen. Aber du mußt dich nicht ärgern! Denn so wir uns darob wirklich ärgern würden, würde das für sie geradezu ein Triumph sein. Diesen aber ersparen wir ihnen, indem wir den Ärger zu ihnen selbst zurückkehren lassen, der ihnen dann ihre volle Ohnmacht zeigt.
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Einen stolzen Geist kann man durch nichts eher zur Demut bringen, als wenn man ihm von allen seinen Plänen nicht einen gelingen läßt. So wollen wir es auch nun mit diesen Pfaffen wie mit allen Stolzen der Erde machen! Du wirst sehen, das wird die möglichst beste Kur für sie sein. Darum nur keinen Ärger über sie, lieber Freund und Bruder!"
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Spricht Joseph: ,,Ich sehe nun klar ein, daß Du allein in allen Punkten recht hast! Aber mit dem Nicht-Ärgern hat es seine eigenen Wege. Wenn Du, o Herr und Vater, nicht jemandes Herz ganz mit Deiner Sanftmut erfüllst, der kann tun, was er will, so wird er sich vom Ärger dennoch nicht enthalten können, wenn er diese Wesen so schmähliche Dinge zuwege bringen sieht. Habe ich doch auf der Erde viele hunderte Male Gelegenheit gehabt, daß mir die Pfaffen mit ihren Gesuchen und Rekursen aus den selbstsüchtigsten Gründen derartig lästig geworden sind, daß ich sie alle hätte totschießen mögen. Und so ich hinter so etwas kam, da mußte ich mich denn doch wieder ärgern bis zum Gelbwerden! Hier in dieser Welt aber kommt das noch viel ärgerlicher heraus, da man sogleich nur zu klar einsieht, welch eine allerniedrigste Absicht diese geistigen Lumpen mit jeder ihrer Handlungen verbinden.
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Sie spielen die Frommen, um das zahlende Vertrauen ihrer Schafe zu wecken. Sie gehen barfuß einher, um den Schafen glauben zu machen, daß sie demütig seien. Sie beten öffentlich mit andachtsvollen Mienen, um die Goldminen ihrer Gläubigen beweglich zu machen. Sie machen ganz entsetzlich tiefe Reverenzen und beugen bei ihren Messen ihr Haupt nahe bis zur Erde, um zu zeigen, von welch unbegrenzter Ehrfurcht sie vor dem Tisch Gottes durchdrungen seien. Aber bei sich selbst glauben sie nichts und tun das nur, um desto mehr Messezahler anzulocken. Denn die Blindschafe meinen, daß eine Messe, mit solch einer sichtlichen Andacht gelesen, für alle Übel der Erde gut sein müßte.
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O Herr, eine zahllose Menge solcher Dinge gibt es bei dieser Gespensterkaste, über die man sich über alle Maßen ärgern muß! Was kann man da tun? Nichts als eine Zeitlang zusehen, und wenn's einem am Ende zu arg wird, dreinschlagen wie ein Donnerwetter. Es ist richtig, daß wir uns nicht ärgern sollen, um ihnen keinen Sieg einzuräumen. Aber so ich nur einen sehe, dreht sich bei mir schon alles um! Herr und Vater, so Du mich nicht besonders hältst, kann ich für nichts gutstehen.
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Aha! Nun ist die Hölle verschwunden, und wir stehen nun auf einmal inmitten des Stephansdoms, der noch ganz so aussieht wie zu meinen Lebzeiten. Jetzt kommen die rotbemäntelten Kirchendiener, sie zünden alle Kerzen an und decken den Hochaltar ab. Am Ende werden sie uns gar mit einem zelebrierten Amt hinausheizen wollen. Die Geschichte wird ja recht possierlich! - Freund Migatzi, wie kommt denn dir diese Sache vor?"
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Sagt Migatzi: ,,Wie sollte sie mir wohl anders als überdumm vorkommen? Aber ärgern kann ich mich nimmer darüber, nur lachen, soviel du willst! Denn kein Mensch kann sich mehr ärgern, so diese borniertesten römischen Dummköpfe sich auch als Geister nicht kurieren lassen. Überlassen wir das alles unserem lieben, guten Herrn und Vater und seien wir guten Muts! Diese Wesen aber lassen wir ungestört machen, was sie wollen; das wird für sie sicher die beste Kur sein. Denn wir zwei werden nichts ändern an ihnen."
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Sagt Joseph: ,,Da hast du allerdings recht! Denn an diesen ist Taufe und Chrisam total verdorben, und es wird darum schwerlich je etwas zu bessern sein. Aber mir wird leichter zu Mut, wenn ich mich meines Ärgers dadurch entledige, daß ich hier vor dem Herrn ihnen ihre Hauptstückchen ins Gedächtnis zurückrufe. Es soll auch an ihnen erfüllt werden, was der Herr auf der Welt solchen Hauptlumpen verheißen hat: ,Von den Dächern herab wird man's laut verkündigen, was ihr im geheimen Arges getan habt!` - Sie halten nun ein gespenstisches Hochamt. Bis sie fertig werden, kann ich mich noch von so manchem entledigen, was mich drückt."