Gottes Neue Bibel

Predigten des Herrn

- 41. Predigt -

Am 15. Trinitatissonntage. Die Erweckung des Jünglings zu Nain

Hier habt ihr wieder eine jener Wundertaten, die das Volk und Meine Jünger im Glauben bestärken sollten, daß Ich nicht nur ein gewöhnlicher Mensch, nicht nur ein Prophet, sondern etwas Größeres sei, damit sie alle nach und nach williger in Meine Wege eingehen sollten und sich leichter führen ließen.
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Auch die Essäer erweckten Tote; das ,Wie` aber habe Ich euch schon in dem Großen Evangelium Johannes kundgegeben. Es war, wenn Ich ein Wunder wirken wollte, immer der Umstand zu bedenken, daß Meine Wunder auf eine andere Art gewirkt sein mußten als die Wunder anderer. Nur auf diesem Weg und nur durch die schlagendsten Beweise konnte Ich dieses in den Mosaischen Lehren und Zeremonien verrannte Volk eines Besseren belehren.
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Eine Totenerweckung wie bei dem Jüngling zu Nain war ihnen noch nicht vorgekommen; daher ihr gerechtes Staunen ob Meiner Macht über Leben und Tod, welche sie bei Menschen noch nicht gesehen hatten.
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So erzog Ich Meine Jünger und viele des Volkes, auch Heiden, zu Fortpflanzern Meiner Glaubens- und Liebelehre. Die Echtheit Meiner Worte und die Wichtigkeit Meiner Sendung, den Grund, warum Ich auf diese Erde kam, und was das Ziel und der Zweck Meiner irdischen Laufbahn als Mensch war, das alles bewies Ich ihnen bald durch Gleichnisse, bald durch Reden, bald durch Wunder. Wenige verstanden Mich; aber doch war der Same in ihre Herzen gelegt, der nach und nach aufging und, wenngleich spärlich, doch Früchte zu tragen anfing. Überall paßte Ich mich den Umständen an; entweder hielt Ich gewaltige Reden oder Ich wirkte Wundertaten, welche dazu beitragen mußten, den Menschensohn als das zu verkünden, was er eigentlich war.
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Die Wundertat der Erweckung des Jünglings zu Nain ist aber, wenn sie als Predigt von Nutzen sein soll, geistig zu nehmen. Wir müssen den Akt des Natürlichen entkleiden, um seine für alle Zeiten gültige Bedeutung herauszufinden, damit ihr erkennt, daß in jeder Tat aus Meinen Lehrjahren etwas verborgen liegt, was für alle Ewigkeiten Geltung hat.
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Hier in diesem Evangelium habt ihr ein einfaches Leichenbegräbnis vor euch, bei dem eine weinende Mutter dem Sarg ihres geliebten, einzigen Sohnes folgte. Ein gewöhnliches Vorkommnis, das euch täglich - entweder in eigener Familie oder bei Freunden und Bekannten - begegnen kann. Überall werdet ihr einen starren Leichnam und weinende Nachfolgende treffen.
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Um diesen Akt einer natürlichen Gesetzesfolge im menschlichen Leben geistig zu erklären, müßt ihr auch das, was einem Leichenbegängnisse vorangeht, geistig auffassen lernen.
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Seht, jeder Todesfall ist ein Übergang von einem Extrem zum andern, vom Leben zum Tod, eine Verwandlung des festen Körpers in einfache Elemente, eine Scheidung des Geistigen vom Materiellen oder, wenn ihr es noch besser ausdrücken wollt, der Anfang des geistigen und das Ende des materiellen Lebens.
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Es gibt in der Schöpfung einen materiell-scheinbaren und einen geistig-wirklichen Tod. Insofern ist ein Begräbnis entweder als ein Begraben des Geistigen im Menschen oder als ein Verlassen alles Weltlichen anzusehen.
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Hier in diesem Falle beweint eine Mutter ihren einzigen Sohn und folgt seinem Sarg. Zu dieser traurigen Schmerzensszene kam Ich hinzu. Die Mutter dauerte Mich. Ich ließ die Träger anhalten und erweckte ihren Sohn, damit er noch ferner die Stütze seiner ihn liebenden Mutter bleibe.
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Diese Handlung, geistig aufgefaßt, will folgendes sagen: Jetzt und noch oft werden Eltern über ihre Kinder, die eine falsche Richtung eingeschlagen haben, weinen. Sie werden trauern, wenn sie sehen, wie diese - ungeachtet ihrer Mühen und Sorgen -, gleich einer materiellen Leiche nichts Geistiges mehr in sich bergend, nur der Welt und ihren Genüssen nachgehen und so dem geistigen Tod entgegeneilen.
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Zu manchen solcher weinenden und trauernden Eltern trete Ich bei solchen Ereignissen, wo Vater und Mutter leider nur zu spät erkennen müssen, daß an dem frühen Geistestod ihres Kindes sie selbst auch Schuld tragen, hinzu und rufe die in Sünde und Laster versunkenen Kinder wieder ins Leben, ins geistige Leben zurück, indem Ich sie die Folgen ihres Lebenswandels in bitterster Weise verkosten lasse. Ich erwecke sie durch Leiden und Krankheiten, zerstöre ihre körperliche Gesundheit und ihre weltlichen Verhältnisse und gebe auf diese Weise dem zum Leichnam gewordenen Kind das Geistige wieder zurück, damit es von neuem anfangen möge, das Verlorene wiederzugewinnen, und so seinen Eltern durch reuige Umkehr die Selbstvorwürfe lindere und ihr Gewissen erleichtere.
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Solche Leichenzüge gibt es täglich im gewöhnlichen wie auch im geistigen Leben. Auf eurer Erde ist jetzt mehr Fäulnis als geistiges Leben vorhanden; beinahe die ganze Menschheit liegt in materiellen Gelüsten vergraben, gleichsam unbeweglich im Sarge weltlicher Sorgen und Genüsse. Und die wenigen, welche noch geistiges Leben besitzen, sind die Leidtragenden, die hinter diesem Sarg einhergehen und zu Mir um Abhilfe und Rettung flehen, da sie die Toten, ihre Nächsten, bedauern, bemitleiden - und doch nicht retten können.
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Dieser Leichenzug im Kleinen wie im Großen, wie auch das Wehklagen der wenigen Besseren veranlaßt Mich, zu diesem Sarg hinzutreten und die Schlafenden oder scheinbar Toten aufzuwecken, damit sie fürs geistige Leben nicht verlorengehen. Ich erwecke sowohl einzelne Menschen als auch ganze Völker durch Ereignisse und Unglücksfälle aller Art und lasse sie die Folgen ihres verkehrten Lebenswandels, da sie das Geistige so ganz außer acht lassen, fühlen.
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Seht, dieser große Leichenzug bewegt sich langsam an den Ort, an dem die Zersetzung des materiellen Körpers stattfindet. Der seelische Zustand vieler Menschen, wie auch der staatliche der Völker, fängt an, in Fäulnis überzugehen, und es manifestiert sich ein allgemeiner Zersetzungs-, Reinigungs- und Scheidungsprozeß, wie es bei jedem Körper geschieht, der vom Leben verlassen und den natürlichen Gesetzen unterworfen, anderen Bildungen wieder als Grundlage und als Förderungsstoff dienen muß.
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Mitten in diesem allgemeinen Auflösungsprozeß der ganzen Menschheit, die - bildlich gesprochen - leblos im Sarg der Weltgenüsse liegt, trete Ich hinzu, lasse durch Meine Boten und Schreiber neues Leben, neue Kraft, neuen Geist in die Pulsadern der menschlichen Seele strömen und rufe den eingeschlafenen Weltmenschen, wie einst dem Jüngling zu Nain, zu: ,,Jüngling! Ich sage dir, stehe auf!"
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Die Menschheit, wie sie jetzt ist, gleicht mit der kurzen Dauer ihres Prüfungslebens einem Jüngling, der seine Mission noch lange nicht erfüllt hat. Auch die Menschheit muß ins Mannes- und dann ins Greisenalter übergehen, damit sie reif wird und sich anschickt, ihre alten Kleider halbvermoderter Weltansichten auszuziehen und ein geistiges, nie verwesendes Kleid anzuziehen, welches über dieses kurze Erdenleben hinaus auch fürs andere, größere, ewige Leben tauglich ist. Dieser in die Verwesung übergehenden Menschheit rufe Ich zu: ,,Stehe auf; denn du bist nicht geschaffen, den langwierigen Weg der Materie, sondern den kürzeren des Geistes zu wandeln! Stehe auf und beachte Meinen Ruf, ehe der gänzliche Zerfall aller sozialen Bande dich nur zu bitter belehren wird, daß es noch eine ganz andere Welt gibt als die, an welche du bisher gedacht hast, und die nur aus lauter Spekulationen, Betrug und Machthaberei besteht!"
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Seht, wie einst, so jammert Mich auch jetzt dieser Zustand der Fäulnis! Es jammern Mich die besseren Leidtragenden, aber auch die Toten, die - da sie Mein Wort nicht kennen - der Verwesung, dem geistigen Zersetzungsprozeß unwiederbringlich anheimfallen würden und den langen und beschwerlichen Weg der Erkenntnis von innen heraus, freiwillig, antreten müßten. Mich jammert es, die Menschheit als Leiche vor Mir zu sehen, da Ich doch bei Erschaffung der Menschen einem jeden einen geistigen Funken Meines eigenen Wesens als Mitgift gab. Später durch Mein Herniedersteigen auf eure Erde habe Ich nicht allein diesen Funken wieder zur Wirkung gebracht, sondern - was Ich durch Demütigungen und Opfer bezahlen mußte - euch Menschen vor so vielen anderen Geschöpfen auserkoren, Mich nicht nur als höchsten Geist, sondern auch als Vater zu erkennen und mit Mir und durch Mich zur Weiterbildung anderer Welten beizutragen, welchen ihr dann neue Seligkeiten und neue Wahrheiten bringen dürft. Das Geben derselben wird euch selbst noch größere Seligkeiten bringen, und ihr werdet als Kinder Meiner Liebe erst empfinden, was es heißt, die Bevorzugten des allmächtigen Schöpfers und Herrn des ganzen Universums zu sein!
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Darum jammert Mich dieser Leichenzug, und deswegen ertönt durch Meine Worte und Himmelsgaben, die Ich auf euch und die ganze Menschheit seit Jahren herniederströmen lasse, stets der Ruf: ,,Steht auf, erwacht von eurem weltlichen Schlaf! Erwacht zum geistigen, zum ewigen Leben; denn nur dort ist die Löse eurer eigenen Existenz! Dort allein ist der Anfang und das Ende des Menschengeschlechts! Ihr braucht euch nicht wie der materielle Körper aufzulösen, um anderen Formen, Wesen und Dingen anzugehören! Nein, ihr sollt eures einfachen Ursprungs wohl eingedenk, als unmündige Seelen das Knaben-, Jünglings- und Mannesalter durchleben, um im Greisenalter mit dem Bewußtsein schöner Taten und mit erhabenen Empfindungen in jene Welt übergehen zu können, wo keine Verwesung des Weltlichen mehr hinreicht, sondern wo alles Geist, alles Liebe, alles Licht ist, wo alles Wärme und ewiges Leben atmet, wo es keine Leidtragenden, sondern lauter freudige, jubelnde Geister gibt! Sie sollen mit und durch euch zum großen Endziel, in Mein unendliches Geisterreich, geführt werden, und Ich werde als Vater Meiner Kinder die Erweckten zum ewigen Lichtborn des Lebens führen. Dann werden sie Mich als Vater erst ganz begreifen.
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Diese Auferstehung aus dem Materiellen, dem weltlichen Sarg, will Ich mit all Meinen Worten bezwecken, wie Ich einst mit Meinen Wundertaten, Worten und Gleichnissen ebenfalls die damalige Welt beschützen und vorbereiten wollte, daß sie geistig nicht verwese.
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In jener Zeit waren die Propheten, Meine Jünger und sonstige Gläubige die Leidtragenden; heutzutage seid ihr es, denen Ich das Wort des Heils und des ewigen Lebens gegeben habe, damit auch ihr, soviel wie möglich, zum Rettungswerk beitragen könnt!
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Arbeitet zu diesem Zweck in euren eigenen Familienkreisen! Laßt dort keine Tote oder Verwesende aufkommen! Säet den Samen des Lebens, den dann Mein geistiger Wind, wie die Herbststürme den materiellen Samen auf zu befruchtende Felder, in die durch Leiden und Unglücksfälle zubereiteten Herzen führen wird, damit auch dort das Auferstehungsfest sich wiederhole! Dann wird vom ganzen leblosen Leibe der Menschheit nichts als der Sarg, die Welt selbst übrigbleiben, die sich dann - will sie dem Menschen nützlich sein - durch den Einfluß der vergeistigten Menschheit ebenfalls vergeistigen muß. So wird das einstige Paradies wieder erstehen, in welchem der Mensch, als geistiges Geschöpf Meiner Schöpferhand entstiegen, wieder geistiger Herr über alles Getier und selbst über die Elemente ist, - was nur der lebende, nicht aber der tote ,Jüngling zu Nain` vermögen wird. Amen.

Fußnoten