Gottes Neue Bibel

Der Grossglockner

Ein Evangelium der Berge

- Kapitel 7 -

Wege zur Demütigung und Erziehung der Naturgeister

Ihr habt in der gestrigen Mitteilung vernommen, daß nach der endlichen Gefangenschaft wieder die Befreiung eintritt, und daß die also zur Besinnung und Ruhe gebrachten Geister, so sie sich vollends gebessert haben, entweder zu den Friedensgeistern der unteren Stufe aufgenommen werden, oder daß ihnen eine neue Freiheitsfrist eingeräumt wird. Sehet, da ist auf etwas ein achtsames Auge zu haben: wohin dann solche der eigenen Freiheit überlassenen Geister geschickt werden!
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Sehet, wenn die naturmäßigen Geisterpotenzen sich wieder zu fließendem Wasser auflösen, so werden eben solche frei gewordenen Geister mit dem Wasser gewisserart freiwillig gebunden und müssen dann die Reise bis in das Meer machen.
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Ihr werdet euch denken: ,,Warum denn solches?"
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Sehet, gerade aus demselben Grunde, aus dem auf der Erde die Obrigkeit jemandem, der da einen Schaden angerichtet hat oder im Augenblick, als er den Schaden verüben wollte, gefangen wird, eine solche Besserungsstrafe auferlegt, daß er den Schaden gutzumachen und nebstbei für den bösen Willen noch ein Reue- oder Strafgeld zu entrichten hat.
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Sehet, gerade aus eben dem Grunde müssen solche Geister in jenem Staate, wo es viel genauer zugeht als auf der materiellen Welt, jeden verübten Schaden - wie auch jenen, den sie haben verüben wollen, - bis auf den letzten Heller gutmachen und zudem noch für ihren bösen Willen eine vollkommen angemessene Buße leisten, und erst dann, wenn solches alles genau befolgt worden ist, können sie in die erste Stufe der geistigen Vollendung aufgenommen werden.
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Ihr werdet wieder fragen: ,,Ja, wie können denn diese Geister im Meere das wieder gutmachen, was sie der Erde in einem dem Meere weit entlegenen Lande entweder schon geschadet haben oder doch wenigstens haben schaden wollen?"
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Natürlicherweise können sie das im Weltmeere wohl schwerlich gutmachen; aber da im Geiste niemand etwas Gutes wirken kann, wenn er nicht selbst gut ist, so bezeugt diese Erscheinlichkeit das, daß die Geister in diesem Zustande sich vollends demütigen müssen, bevor sie fähig werden, für den Schaden Gutes zu üben; und weil demnach das Meer und dessen Grund der Erde immerwährend tiefste Teile sind, so müssen demnach solche hochtrabenden Heldengeister diese Demütigungsreise machen, um dadurch mit der Zeit aus dieser ihrer Demütigung als neu- und wiedergeboren aufzusteigen in die Sphären der Nutzwirkungen.
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Es fragt sich jetzt: Werden solche Geister auch wirklich nach vollbrachter Reise gebessert?
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Da gibt's verschiedene Abstufungen: Einige bessern sich schon auf dem Wege und können sich dann aus dieser feuchten Landstraße entfernen und zurückkehren, allwo sie dann erforscht und, so in ihnen nichts Arges mehr gefunden wird, aufgenommen werden. Solchen Austritt könnt ihr daran merken, daß am Morgen den Bächen, Flüssen und Strömen weiße Nebel entsteigen, die dann von der Sonne mit Hilfe der naturmäßigen Potenzen aufgezogen werden, in der Höhenregion aber dann bald aus diesen naturmäßigen Potenzen treten und dem naturmäßigen Auge unsichtbar werden.
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Eine andere Art dieser Geister aber ist diejenige, welche sich aus einem geheim wieder erwachten Ärger bei Nachtzeit sozusagen aus dem Staube macht und sich in anfangs sichtbarer Gestalt von grauen Nebeln in den Gräben, Schluchten und Klüften der Berge verbirgt, um bei einem nächsten Angriff wieder tätigst mitzuwirken.
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Eine dritte Art solcher Geister macht zwar den Weg wirklich bis ins Meer; wenn sie aber da angelangt sind, so rotten sie sich nach den verschiedenen Arten ihrer Bosheit zusammen und machen sich dann über das Meer her, und wehe dann dem Schiffahrer, der da in ihre luftigen Hände gerät! Wenn er noch mit dem naturmäßigen Leben davonkommt, so wird er Wunderdinge von der verheerendsten Art der Meeresstürme erzählen können. Wenn aber diese argen Patrone eine solche Bosheit ausüben wollen, dann senden sie zuvor ein oder zwei ganz locker gestaltete Wölkchen gewisserart zur Spionierung über die Meeresfläche empor - welche Wölkchen der erfahrene Schiffer gar wohl kennt -, um zu erkunden, ob sich von nirgends woher etwa von den Friedensgeistern etwas sehen läßt; sind da noch irgendwo solche Friedensgeister zu erschauen, so verschwinden diese Wölkchen plötzlich, - bei welcher Gelegenheit dann auch äußerst selten an einen bedeutenden Sturm zu denken ist.
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Erschauen aber diese böswilligen Spione keine feindlichen Truppen irgendwo, dann erheben sie sich höher und höher, und in wenigen Minuten ist der freie Raum über dem Meere in allerdichteste Sturmwolken gehüllt, aus welchen gar bald die allerheftigsten Windstöße das Meer aufzuwühlen anfangen, und tausend und tausend Blitze werden da auf diejenigen Geister hinabgeschleudert, welche den ernsten Weg der Besserung eingeschlagen haben. Allein, wie solche rebellischen Geister schon überall schlecht zuteil kommen, so nimmt auch diese Unternehmung allzeit ein schlechtes Ende für sie; denn da werden alsbald in Gedankenschnelle von unseren Hauptlandeswächtern friedliche Heere von Geistern abgesandt. Diese werfen sich dann über jene tobenden Scharen, schleudern dieselben gewöhnlich im Hagel oder heftigen Regen ins Meer und entbinden bei dieser Gelegenheit die demütigen Geister ihrer freiwilligen Haft. Jene Patrone der Bosheit aber werden dann ebenso schnell, wenn sie nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, dem Nordpol zu befördert; die Helden aber müssen sich schon bequemen, auf eine sehr lange Zeit in das harte Eis des Südpols zu beißen.
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Sehet, also endet die Szene dieser Geister; die argen werden an ihren Ort befördert, die guten aber werden aufgenommen zur vielfachen Nutzwirkung.
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Worin besteht denn diese?
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Die erste Arbeit ist diese, daß solche Geister auf die verschiedenen Alpen geschickt werden, und zwar an jene Stellen, welche sich in kahle Felsspitzen verlieren. Sie müssen daselbst für die Erhaltung derselben, wie auch für die bedingte Auflösung derselben unablässig Sorge tragen, aus welchem Grunde sie da alle Feuchtigkeit in die Poren des Gesteins so verteilen müssen, daß das Gestein dadurch von innen aus immerwährend seine gleiche Festigkeit und Eigenschaft behält; anderseits aber müssen sie das abgelöste Gestein also weiter in die Tiefe befördern, daß es nach und nach der erlösenden Bestimmung immer näher kommt.
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Wenn sie irgendeine solche Sorge verabsäumen, so geschieht es dann öfter, daß ihnen arge Geister hinter dem Rücken dadurch einen Possen spielen, daß von ihnen ein ganzer Felsblock losgemacht und in die Tiefe geschleudert wird, was jedoch zumeist nur bei großen Aufständen geschieht. Bei solch gelegentlicher Unvorsichtigkeit müssen sie dann einen solchen abgelösten Teil wohl versorgen, daß er entweder irgendwo einen sicheren Ruhepunkt findet, oder sie müssen ihn bis zu einem Bache oder Flusse bringen, damit dadurch die in ihm verschlossenen, noch nicht geborenen Geister zu keinem vorzeitigen Ausbruche kommen; denn geschähe solches, so wäre es nahezu um die ganze Erde geschehen. Daher werdet ihr einen solchen abgelösten Stein gewöhnlich in einem Graben, in dem eine Quelle sich befindet, antreffen, oder ihr werdet ihn bis über die Hälfte in der Erde sitzend und da mit allerlei Moos umgeben antreffen, oder ihr werdet ihn auch antreffen - entweder zerstückelt oder ganz - in irgendeinem bedeutenden Bache oder Flusse.
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Und das ist demnach auch die Ursache, warum nicht selten mehrere hundert und tausend Zentner schwere Steinblöcke allda in den Flüssen und Bächen angetroffen werden, wo es weit und breit fürs erste keine solchen Felsgebirge und fürs zweite auch keine ähnliche Steingattung gibt.
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Die Naturforscher werden hier freilich sagen: ,,Was ist das für lächerliches Zeug! Solches übt ja nur das Wasser aus durch seine Schwere, welche zunimmt, je schneller und heftiger der Fall wird."
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In naturmäßiger Hinsicht haben sie freilich wohl auch recht - so wie derjenige, der da sagt, daß zwei mal zwei vier ist; weiß aber der Mathematiker auch, was alles seinem Produkte zugrunde liegt? Kennt er die Einheiten, aus welchen er sein Produkt gebildet hat? Er kennt wohl die Zahl der seinem Auge und seinem Verstande gleichartigen Dinge; kennt er aber auch das Wesen der Dinge, die er gezählt hat, in ihrem Grunde? Kann er die unendliche Vielheit und Verschiedenheit der Teile und Kräfte berechnen, welche zur Bildung eines Dinges notwendig sind?
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Wahrlich, wenn er das völlig erkennte, da würde es ihm auch ganz klar werden, wie seicht seine Berechnung der Dinge war, da er vermöge ihrer Gleichartigkeit vier Stücke zusammengezählt hat.
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Wie also bemerkt, geht es auch unserm Naturforscher bei seiner Darstellung nicht nur um nichts besser denn unserm Mathematiker, sondern noch um vieles schlechter! Denn er sieht wohl das Wasser fließen; aber was dazu erforderlich ist, um eben das Wasser fließen zu machen und demselben den gerechten Grad der Schwere zu geben und dabei aber wohl zu wissen, worin an und für sich die Schwere besteht, - sehet, das möchte unserm scharfsinnigen Naturforscher wohl etwas zu unsichtbar sein! Denn daß das Wasser nach irgendeinem geneigten Bette sich fortbewegt, das merkt auch derjenige, der gerade kein Naturforscher ist. Wer trägt denn aber das Wasser auf die Höhe der Berge, sammelt es daselbst und befördert es nutzwirkend in die Tiefe? - Sehet, das wäre schon wieder eine andere Frage! Man wird auch hier mit dem innern Druck und mit dem Gesetz der wechselseitigen Anziehung zum Vorschein kommen; wenn Ich aber dann frage: Wer übt denn den Druck und die wechselseitige Anziehung aus?, da wird es auch sicher aus sein mit der Antwort.
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Solches setze Ich aber darum hierher, damit euch das vorerwähnte erste Geschäft der Geister nicht so sehr befremden soll; und daher glaubet es, daß auf der ganzen Erde ganz bestimmt nichts ist und geschieht, was da nicht ausginge von den Geistern aller Art, entweder guten oder argen!
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Wenn ihr denn alsonach auf irgendeine Alpe geht - was euch allzeit sehr vorteilhaft ist -, so werdet ihr hier und da an Stellen kommen, wo es so recht zerstört aussieht, darob euch dann auch ganz unheimlich zumute wird und ihr glaubet, da sei alles im starrsten Tod begraben; aber gerade da geht es um so lebendiger zu, denn da haben solch nutzwirkende Geister vorerwähnter Art am meisten zu tun, zu sorgen und zu wachen, damit allmählich das alles wieder in die schönste Ordnung gebracht wird. Wo es euch aber auf einer solchen Alpe ganz wohl und hehr erbaulich zumute wird, wie zum Beispiel an solchen Stellen, wo die Alpe mit allerlei wohlriechenden Kräutern bewachsen ist, da hausen auch schon seligere und friedsame Geister, deren Geschäft ein ruhigeres, aber zugleich auch - geistig genommen - ein viel großartigeres ist denn das der früheren.
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Wenn ihr aber auf jene Höhen gelanget, die schon mit immerwährendem Schnee und Eise bedeckt sind, und die reine und frische Luft euch für die Länge der Zeit unerträglich wird, da fängt auch schon der vollendeten Geister erste selige Region an, oder, so ihr es annehmen wollet, da greifen oder reichen der Himmel und die Erde sichtbar zusammen; denn die irdische Kälte bedeutet eben den gänzlichen Mangel der Eigenliebe und somit den höchsten Grad der Nutzwirkung - naturmäßig genommen, das heißt: vom Geistigen aus ins Naturmäßige übergehend betrachtet.
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Wer von euch somit je eine solche Gebirgshöhe geschaut hat, der hat auch die unterste Region des Himmels mit seines Leibes Augen geschaut.
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Ihr werdet hier freilich fragen und sagen: ,,Wieso denn? Wie ist solches zu verstehen?"
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Und Ich sage euch darauf: Wer solches versteht, dem wird auch das ,,Wieso" gar bald einleuchtend werden. Es wird doch sicher diejenige Stelle der Erde dem Himmel am nächsten zu stehen kommen, an der die menschliche Habsucht und Eigenliebe keine Grenzsteine mehr setzt und keine verheerenden Prozesse wegen Mein und Dein mehr führt. Ihr dürftet nur einen Versuch machen und ein tausend Joch großes Eisfeld irgendeines Gletschers zu eigen verlangen, ja ihr könnt euch sogar ohne irgendeine Anfrage auf irgendeinem Eisboden ansässig machen, und seid versichert, es wird euch solchen Grund niemand streitig machen, sowenig als ihr es einem andern streitig machen möchtet, wenn es ihn gerade gelüsten sollte, sich ein Stück eines solchen stark abkühlenden Grundes zuzueignen.
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Nun sehet, aus dieser kurzen Darstellung werdet ihr nun das ,,Wieso" auch leicht begreifen; denn wenn der Himmel auch gewisserart naturmäßig die Erde berührte, so wäre es wohl mit dem Leben wie mit dem Dasein des ganzen Planeten auf einmal zu Ende.
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Kann aber der Himmel die Erde irgend berühren, wo sie so vielfach durch die schnöde Habsucht entheiligt ist? Aus diesem Grunde sind solche Berührungspunkte nur da möglich, wo die Erde von aller Scheelsucht der Menschen ganz und gar frei ist.
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Aus diesem Grunde ist dann auch unser Großglockner vorzugsweise ein solcher Berührungspunkt! Und so auch irgendein Mensch auf seinen höchsten Zinnen etwas errichten möchte, wonach die Habsucht auch nur eines Menschen lüstern werden könnte, so würde da von den reinen Geistern auch schon sogleich gehörig dafür gesorgt, daß ähnliche Einrichtungen binnen kurzer Zeit wie aus dem Dasein verschwinden; und so wird ein solcher Platz durch seine eigene Reinheit und durch die Reinheit seiner Geister gehörig gereinigt.
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Das wäre somit eine Art geistiger Eigenschaft, welche über die naturmäßigen Geister hinausragt und dann und wann noch naturmäßige Erscheinlichkeiten zuläßt; und demnach bleibt uns nur noch eine Art übrig, die nur sehr wenigen Menschen dann und wann sichtbar wird. Diese Art werden wir das nächste Mal betrachten und mit ihr auch sogleich auf das Evangelische übergehen. - Und so lassen wir es für diesmal wieder bei dem bewendet sein!

Fußnoten