Gottes Neue Bibel

Der Grossglockner

Ein Evangelium der Berge

- Kapitel 6 -

Geisterkampf in der Natur

Wenn ihr euch zurückerinnern wollt an manche andere Meiner euch gegebenen Enthüllungen aus der Natur, allwo namentlich dargetan wurde, wo die Tierwelt ihren Ursprung nimmt, so wird euch alsbald klar werden, warum in der Einleitung unser vorliegender Berg ein ausgezeichnetes und großes Armenhaus genannt wurde.
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Sehet, vorzugsweise halten sich auch gewöhnlich noch sehr irdisch gesinnte Seelen und Geister in der Region ihres vormals im Leibe bewohnten Planeten auf. Diese Geister sind nicht selten voll Ärger, Bosheit und Ingrimm darum, weil sie so bald ihr zeitlich gutes Leben haben verlassen müssen, und wollen sich nun dafür auf jede mögliche Weise rächen. Obschon sie zwar die Erde nicht sehen können - wie überhaupt kein Geist etwas zu sehen vermag, was außer ihm ist, sondern nur, was in ihm ist -, so wissen sie aber auf dem Wege innerer Entsprechung doch ganz genau, wo oder in welcher Gegend der Erde sie sich befinden; und weil sie als Geister mit den naturgeistigen Potenzen in sichtbarem Konflikt stehen, so vereinigen sie sich auch bald mit ihnen, um dadurch, wo nur immer möglich, der sie so frühzeitig im Stiche lassenden Erde zu schaden.
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Da sie im geistigen Zustand auf dem Wege der Entsprechung auch wohl wissen, daß so ein Gebirgsriese der Erde ein naturmäßiger Nutzwirker ist für viele Ländereien um ihn, so halten sie sich auch besonders gern in seiner Nachbarschaft auf. Besehet nur das Bild - so euch schon die Gelegenheit mangelt, diesen Berg in der Wirklichkeit in Augenschein zu nehmen -, und ihr werdet euch alsbald überzeugen, wie da rings um ihn herum Felsenmassen über Felsenmassen sich auftürmen, in deren Schluchten, Krümmungen und Windungen nicht selten auf ja und nein plötzlich dunkelgraue Wolken aufsteigen, die, wenn sie über die Scheitel der höchsten Felsspitzen sich erhoben haben und gewisserart unsern Großglockner erblicken, sich dann alsogleich wieder zurückziehen und oft trotz eines noch so heftigen Windes nicht aus ihren Schlupfwinkeln zu bringen sind.
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Sehet, diese Erscheinlichkeit ist schon ein sehr sicheres Zeichen vom Dasein solcher mißmutigen und böswilligen Geister, und zwar schon in der Verbindung mit den naturgeistigen Potenzen!
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Erhebet ihr aber eure Blicke höher hinauf zu den weißen Flächen unseres Gletschers, so werdet ihr da ebenfalls fast beständig Wolken und Nebel entdecken, welche aber von einer nahezu blendend weißen Farbe sind. Diese Wolken und Nebel sind ebenfalls Geister, aber Geister guter Art; von ihnen sind die zuallerhöchst schwebenden dazu bestimmte schützende Engelsgeister, während die mehr in der Tiefe des Gletschers schwebenden Nebel, welche gewöhnlich linealförmige Streifwolken bilden, zwar ebenfalls Geister guter Art, aber noch nicht völlig reif für die Höhe sind und sich erst durch getreue Wachsamkeit und mannigfaltige Kämpfe gegen die argen Geister für die Höhe geeignet, reif und tüchtig machen müssen.
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So ihr in dieser Gegend wäret und möchtet da oft tagelang dieser Nebelspielerei zusehen, da würde es euch auch nicht im Traume einfallen, daß es zwischen diesen luftigen Potenzen je zu einem ernsten Kampf kommen könnte; jedoch wer da Zeit hätte abzuwarten, bis es unter diesen leichten Potenzen wirklich zu einem Kampf kommt, der dürfte auch sicher darauf rechnen, daß ihm während dieses Kampfes das Hören und Sehen vergehen möchte vor tobender Angst.
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Wie kommt es aber da zu einem Kampf? Was ist die gewöhnliche Veranlassung dazu? Wissen wir einmal die Veranlassung, so wird uns auch die Ursache nicht unbekannt bleiben.
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Sehet, die bösen Geister, deren schon früher erwähnt wurde, gehen immer mit dem Rachegedanken um, sich einmal dieses Länderwohltätigkeitsthrones zu bemächtigen, um dann vom selben aus nach allen Seiten gehörig Unheil ausstreuen zu können! Aus diesem Grunde rotten sie sich in den unteren Schlupfwinkeln zusammen und machen kleine Ausflüge, um zu rekognoszieren, wie es mit der Wache und der Besatzung des Thrones steht. Bemerken sie, daß es ziemlich blank um ihn aussieht, so geht diese Nachricht mit aller Gedankenschnelligkeit weit und breit hin, und wo da nur immer eine so recht zerklüftete Gebirgsspitze sich befindet, da werden sich auch sogleich überall große Massen von gleich dunkelgrauen Wolken herauszuziehen und in die Höhe zu erheben anfangen, und wenn ehedem der Himmel ganz rein war, so ist er nicht selten in wenigen Minuten schon ganz dicht umhüllt von solchen oft ganz schwarzen Wolkenmassen, welche da kreuz und quer ziehen und sich, wie ihr zu sagen pflegt, per ambages dem Throne nähern, damit die Thronwachen durch diese Bewegung in die Irre geführt werden möchten.
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Bei solcher Gelegenheit ist der Großglockner dann auf eine kurze Zeit auch gewöhnlich ganz wolken- und nebelfrei; denn sobald die Wächter solche Schelmerei der argen Geister sehen, da ziehen sie sich alsbald zusammen und verbergen sich sorgfältig in den inneren, großen Kristalltempeln dieses Berges.
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Wenn nun die Hauptanführer der weitgedehnten argen Rotten sehen, daß der Thron unbesetzt ist, so kommandieren sie alsbald ihren losen Truppen, sich so hoch als möglich zu erheben und dann behende über den Thron herzufallen und alles, was da in den inneren Gemächern angetroffen wird, für immer gefangenzunehmen und zu erdrücken.
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Auf dieses Kommando stürzt nun das graue Gesindel mit für euch, die ihr eine solche Naturszene noch nicht gesehen habt, unglaublicher Hast auf unsern Großglockner hin, bei welcher Gelegenheit es dann in seiner Nachbarschaft selbst um die Mitte des Tages also finster wird, daß die Menschen in seinen nahe gelegenen Tälern nicht selten zu Kerzen- und Lampenlicht ihre Zuflucht nehmen müssen. Bei dieser Gelegenheit wird's dann gewöhnlich ganz still, was den Grund hat, weil die argen Geister nun der Meinung sind, daß sie endlich einmal gesiegt haben. Allein solche ruhige Szene dauert zuallerlängst höchstens siebenundsiebzig Minuten. Nach dieser Zeit werdet ihr bemerken, daß sich sehr dichte weiße Wolken aus den Eisklüften zu ziehen anfangen. Diese breiten sich dann in kurzer Zeit unter den schwarzen Wolken aus, und wenn sie sich gehörig weit und dicht ausgebreitet haben, so fangen sie dann an, sich unvermerkt zu erheben und tragen dann das schwarze Gesindel gewisserart auf ihrem Rücken immer höher und höher.
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Wenn nun das schwarze Gesindel solche List merkt, dann macht es bald irgendwo Luft und läßt das weiße Gewölk hindurchpassieren. Solches wissen die Geister des weißen Gewölks gar wohl und auch, daß sich die argen Geister dabei denken: ,,Ziehet ihr nur hinaus; wenn ihr einmal vollends draußen seid, dann werden wir ja wohl sehen, wer den Thron in Besitz nehmen wird!"
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Wenn demnach die weißen Wolken sich samt und sämtlich über die schwarzen hinausgezogen haben, so breiten sie sich in der Höhe nicht selten gleich einem Netze viele Meilen weit nach allen Seiten mit Blitzesschnelligkeit aus und nehmen das gesamte arge Gesindel, wie ihr zu sagen pflegt, solo gefangen.
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Wenn aber nun das arge Gesindel durch allerlei geistig-telegraphische Depeschen die Nachricht bis zum Throne hin empfängt, daß die weißen Geister es allenthalben umzingelt und gefangen haben, so werden die Helden, welche sich schon über den Thron hergemacht haben, überaus ergrimmt über die List der weißen Geister. Sie fangen da an, alle ihre Truppen zu konzentrieren, um dadurch mit Gewalt wieder durch die weißen Massen zu brechen. Dieser Moment ist dann auch der Anfang des eigentlichen Kampfes.
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Hier würdet ihr zuerst ein ungeheures Toben und Tosen in dieser schwarzen Wolkenmasse gewahren. Dieses Toben und Tosen rührt her von dem Sichaneinander-Drängen dieser Geister und von dem immer mehr und mehr Ergrimmtwerden; je mehr aber diese argen Geister sich abmühen, die oberen vernichtend zu durchbrechen, desto mehr auch werden sie von den oberen gedrückt.
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Bei dieser Gelegenheit fangen dann die unteren Geister in ihrem Grimme sich zu entzünden an, und alsbald gibt's da eine so feurige Szene, daß nicht selten in einer Sekunde mehr denn tausend der heftigsten Blitze mit großem erderschütterndem Gekrach nach allen Seiten, wie auch nach oben und nach unten stürzen, und zwar nach allen Seiten, um die herabbohrenden weißen Massen zu töten, in die Höhe, um die Hauptanführer der weißen zu verderben, und in die Tiefe oder auf die Erde, um den Thron zu vernichten.
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Sehet, das ist nun das erste Manöver! Aber wenn die Geister der weißen Wolken gewahren, daß den unteren feindlichen Rotten gewisserart die Munition ausgegangen ist, dann erfassen die weißen Geister plötzlich in allen Teilen die schwarzen und drängen sie so fest aneinander, wie fest da ist ein wirklicher Stein, und schleudern sie dann mit der größten Heftigkeit hinab auf die Erde, und natürlicherweise zum größten Teile auf die weitgedehnten Eisflächen des Thrones selbst, wie auch in weiteren Umkreisen, jedoch in kleineren Knoten, als Hagel in die Tiefen. Bei dieser Gelegenheit könnt ihr auch die Ursache dessen sehr leicht begreifen, warum - namentlich über die Eisfelder des Großglockners - nicht selten zentnerschwere Eismassen den Wolken entstürzen, und oft in solcher Dichtigkeit, daß da gewisserart ein Eisblock den andern vor sich hertreibt.
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Wenn auf diese Weise dann das schwarze Gesindel samt und sämtlich besiegt am Boden liegt, so lassen die weißen Geister noch einen Regen, welcher da schon aus den Friedensgeistern besteht, über diese Besiegten herabstürzen, lösen sich endlich selbst in einen schneidend kalten Wind auf und binden dadurch die Besiegten auf sehr lange Zeit an das frühere Eis des Thrones. Dadurch verschaffen sie diesen argen Wesen wieder eine Ruhe, in welcher diese sich dann gewöhnlich mit der Länge der Zeit eines Besseren besinnen. Und ist solches eingetroffen, dann löst sich das eisige Band oder die naturmäßig-geistige Potenz wieder zu fließendem Wasser auf, und dem also gedemütigten Geiste wird der Gebrauch seiner Freiheit wieder anheimgestellt.
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Bessert er sich, so wird er bald in die unteren Reihen der Friedensgeister aufgenommen; bessert er sich aber nicht und wiederholt bei einer andern Gelegenheit solchen Angriff - was leider am öftesten der Fall ist -, so wird er dann wieder auf die ganz gewöhnliche und einfache Weise gefangengenommen, aber allzeit ein bißchen länger in der Gefangenschaft gehalten.
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Sehet, das ist die erste Geisterszene, die sich vorzugsweise da ereignet, wo es sich natürlicherweise um einen wenigstens vermeintlichen Thron handelt. Aber diese Szene ist nicht die einzige, die da vor sich geht, sondern es gibt dann auch noch gar viele, welche aber nicht so wie diese in die naturmäßige Erscheinlichkeit mehr herüberragen, sondern sie offenbaren sich auf mannigfache Weise mehr dem Gefühl derjenigen, welche je Gelegenheit haben, wenigstens einen unteren Teil eines solchen Berges zu besteigen.
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Um jedoch bei unserer Darstellung dieses Berges nicht in eine zu lange Ausdehnung zu geraten, wollen wir bei der nächsten Gelegenheit nur noch zwei Punkten eine kurze Aufmerksamkeit widmen und uns dann schnell dem evangelischen Teil, welcher für euch der bei weitem wichtigste ist, zuwenden.
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Und so lassen wir es für heute wieder bei dem bewendet sein!

Fußnoten