Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 7

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr auf dem Ölberg (Fortsetzung)
Ev. Joh. Kap. 8

- Kapitel 83 -

Die Beratung der Pharisäer

Sagte Ich: ,,Lieber Freund, du hast die Begebenheiten im Tempel ganz gut erzählt und in deiner Erzählung an den Tag gelegt, daß du alles mit der größten Aufmerksamkeit verfolgt hast, was da vorging, und was sich besonders irgend auf Mich bezog. Aber das sage Ich dir auch, daß dir dabei Mein Wille sehr behilflich war; denn ohne Mich ist alles schwach im Menschen, mit Mir aber alles stark, kräftig und mächtig.
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Es ist wahrlich für unsere gute und wahre Sache im Tempel nun recht viel geschehen. Das Volk, der alte Rabbi und Nikodemus haben Mich ganz als Den dargestellt, der Ich bin, und man sollte meinen, daß nun schon der ganze Tempel vollauf bekehrt sei. Aber nichts von dem! Nun haben der Rabbi und Nikodemus ihre Not mit den anderen Pharisäern und mit dem Hohenpriester, und das darum, weil sie Mich vor dem Volke für den verheißenen und allein wahren Messias erklärt haben. Aber Ich legte beiden schon die rechten Worte in den Mund, und Nikodemus hat nun dem Hohenpriester eine so brennende Rede ins Gesicht geschleudert, daß ihm dieser samt den Pharisäern kein Wort mehr zu erwidern vermochte.
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Der Hohepriester hat nämlich dem alten Rabbi und Nikodemus bitter vorgeworfen, daß sogar sie Meinen Namen im Tempel vor dem Volke offen bekannt und alle Schuld auf den Tempel geladen haben, während sie bei dieser Gelegenheit Mich vor allem dem Volke so verdächtig wie möglich hätten machen sollen. Sie hätten dem Volke nur unter dem größten Ernste sagen sollen, daß Gott nun darum also zornig über das Volk geworden sei, weil es solchen Irrlehrern und Aufwieglern nachlaufe, sich verführen lasse und somit verflucht sei.
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Nikodemus aber erwiderte dem Hohenpriester, der Kaiphas hieß: ,Oh, wenn ihr denn schon gar so klug und weise seid, so tretet nun selbst in den Tempel, der noch voller Menschen ist, obwohl sich nach meiner Rede ein bedeutender Teil aus dem Tempel und von da nach Hause begab, und redet nach eurer Art zum Volke, und ihr werdet es bald empfinden, wie euch das Volk aufnehmen wird! Waren denn wir beide etwa die ersten, die zum Volke geredet haben? Hundert von euch haben vor dem Volke gepredigt nach eurer Art und Weise, und was war die Folge einer jeden solchen Predigt? Die Folge war, daß der Prediger hat flüchten müssen, wenn er nicht auf das gewaltigste mißhandelt werden wollte.
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Was hättet ihr denn aber nun gemacht, wenn das Volk, so wir beide es nicht auf eine kluge Art besänftigt hätten, in Massen zu euch hereingedrungen wäre und euch auf eine vielleicht nie erhörte Art zu mißhandeln angefangen hätte? Ist es sonach nicht klüger, zur Zeit der Not zum bösen Spiel eine gute Miene zu machen und dabei mit heiler Haut davonzukommen, als dem Volke etwas aufbürden zu wollen, das es nimmer hören will?!
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Es war in dieser Nacht wahrlich nicht an der Zeit, dem ergrimmten und verzweifelten Volke irgendeine Strafrede zu halten, sondern es nur zu trösten und zu beruhigen, - und das haben wir beide getan und dadurch sicher keinen Fehler begangen. Ob aber nun auch ihr vor dem Volke keinen Fehler begangen habt, das ist eine ganz andere Frage! Gehet aber nun nur hinaus in die große Halle des Tempels und versuchet, das Volk eines andern zu belehren, und ich stehe euch dafür, daß es euch noch ärger ergehen wird, als es ehedem dem Oberpharisäer und Schriftgelehrten ergangen ist, als er dawider ein Wort erhob, da das Volk laut behauptete, die Volksstimme sei so gut wie Gottes Stimme!
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Zudem hast du, Kaiphas, mich und den alten Rabbi ja doch selbst ersucht, daß wir als vom Volke stets wohlgelittene Männer hinaus unter dasselbe treten sollen und trachten, es auf eine jede mögliche Art und Weise zu besänftigen. Nun, wir taten das. Warum machet ihr uns darum jetzt, da das Volk ruhig geworden ist, Vorwürfe? Es steht euch ja noch immer frei, das Volk, das sicher noch bis über den Mittag im Tempel verharren wird, eines andern zu belehren! Wir beide aber werden uns mit dem Volke durchaus nicht mehr abgeben. Aber nehmt euch in acht, - das Volk kennt eure Sünden!`
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Sagte der Hohepriester: ,So wir einmal das Volk fürchten müssen, dann sind wir auch keine Priester mehr! Wir dürfen dem Volke nicht um ein Haarbreit nachgeben, und komme über uns, was da nur immer wolle! Das ist mein fester Wille und der Grundsatz meines Handelns.`
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Darauf erwiderte ihm Nikodemus: ,Du bist nun Hoherpriester und kannst in vielen Stücken tun, was du willst; wenn aber, wie es sich nun zeigt, bald alles Volk von uns abfallen und sich hinter den Schutz der Römer stellen wird, - was wirst du dann machen? Dann kannst du das Volk verfluchen in einem Atem Tag und Nacht, und es wird dich ebenso anhören, wie dich nun die Heiden, Samariter und Sadduzäer anhören. Mit welchen Mitteln wirst du dann die Abgefallenen wieder für uns und den Tempel gestimmt und uns zuzügig machen?
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Was hast du mit deiner Hartnäckigkeit gegen den reichen Lazarus in Bethania ausgerichtet und was dabei gewonnen? Er ist nun mit allen seinen großen Besitzungen ein Römer, und du hast keine Gewalt mehr über ihn! Dazu hatte er ehedem alljährlich an den Tempel mindestens hundert Pfunde Goldes und fünfhundert Pfunde Silbers gezahlt, und nun zahlt er um ein bedeutendes weniger an die Römer, und dem Tempel zahlt er keinen Stater mehr. Nur den Zehent hat er noch gegeben, wird ihn aber in Zukunft wahrscheinlich auch nicht mehr geben, weil er sich meines guten Wissens darüber auch schon mit den Römern abgefunden haben soll. Ja, wenn infolge deiner hohenpriesterlichen Hartnäckigkeit viele dem Beispiele des Lazarus folgen werden, dann werden wir uns bald allein im Tempel befinden!
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Siehe, das ist aber so meine Meinung und kernfeste Überzeugung, und die Folge wird es zeigen, daß ich hier die volle Wahrheit geredet habe, und es wird das schon so der Anfang sein zur nicht lange auf sich warten lassenden Erfüllung des zweiten in dieser Nacht gesehenen traurigen und schrecklichen Zeichens! Fahret nur so fort, so werden wir alle auch bald mit allem fertig werden! - Ich habe nun geredet.`
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Daß diese Worte dem Hohenpriester sicher nicht besonders mundeten, läßt sich leicht denken. Aber er konnte da wenig oder nichts einwenden; denn es waren auch andere Älteste des Tempels und Jerusalems mit Nikodemus einverstanden.
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Aber nach einer Weile sagte der Hohepriester dennoch wieder in einer Art Erregtheit: ,Ich weiß aber dennoch, was noch geschehen muß, und wir stehen dann wieder auf festem Grunde! Auch der falsche Prophet aus Galiläa muß fallen, wie Johannes gefallen ist, und alles Volk wird wieder zu uns strömen. Habe ich recht geredet oder nicht?`
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Viele Pharisäer und Schriftgelehrte stimmten nun mit dem Kaiphas; aber Nikodemus, der alte Rabbi und noch mehrere Älteste schüttelten den Kopf, und der alte Rabbi sagte: ,Ich bin wohl der Älteste unter euch und weiß, was seit achtzig Jahren sich im Tempel und im ganzen Judenlande alles zugetragen hat. Schon oftmals sind im Volke und auch im Tempel selbst fromme und vom Gottesgeiste erfüllte Menschen aufgestanden und haben weise gelehrt und gehandelt. Der hochherrschsüchtige Teil des Tempels hat sie aber auch allzeit mit allen Mitteln verfolgt und wo möglich auch getötet. Doch fraget euch, fraget alle Ältesten vom ganzen Judenlande und fraget unsere jährlichen Tagesschriften, und ihr werdet es finden, daß der Tempel und sein altes Ansehen dabei nie etwas gewonnen, wohl aber nach einer jeden solchen Handlung vieles verloren hat, und das also, daß ihm das Verlorene nie wieder zurückerstattet wurde!
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Wo sind die vielen Samariter, wo die Sadduzäer, wo wird nur zu bald ganz Galiläa sein? Wie viele von uns sind Essäer geworden, wie viele vollends Griechen und Römer! Wer - außer einigen griechischen Kaufleuten - besucht uns noch aus Tyrus und Sidon, wer aus dem großen Lande Kappadozien, Syrien und aus den vielen Städten am Euphrat? Sehet, das hing sogar in meiner Jugendzeit noch fest am Tempel, und dieser wurde überschüttet mit Opfern und Schätzen aller Art und Gattung und wurde sehr übermütig und grausam! Die Priester brachen das Gebot Gottes ,Du sollst nicht töten!`, und die erwiesene Folge davon war der gänzliche Abfall vieler Länder und Städte.
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Wenn ihr aber in der grausamen Art eurer Vorfahren noch weiter fortfahren werdet, so werdet ihr - wie das zweite Zeichen es euch klar gezeigt hat - in Kürze auch noch das verlieren, was bis jetzt schon ohnehin locker genug am Tempel hanget. Das ist meine Ansicht; ihr aber könnet tun, was ihr wollet!`
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Diese ganz gute Rede des Rabbi wurde von vielen ganz beifällig aufgenommen, die jüngeren aber konnten ihr wenig entgegenstellen.
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Hier wandte sich Kaiphas wieder an Nikodemus und fragte ihn, ob auch er die Ansicht des alten Rabbi gutheiße und billige.
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Nikodemus aber sagte: ,Ich habe schon geredet und sage nun noch einmal, daß ich in eurem Rate weder etwas dafür noch etwas dagegen sagen werde. Wie mein alter Freund es nun gesagt hat, also ist es auch. Für meine innere Überzeugung bin ich keinem Menschen Rechenschaft schuldig, und öffentlich werde ich von heute an wenig mehr reden.
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Ich bin ein Oberster der ganzen Stadt Jerusalem und bin vom Kaiser aus ein akkreditierter (bevollmächtigter) Vorsteher aller Bürger und habe im Notfall auch das JUS GLADII in meiner Hand. Ihr könnet tun, was ihr wollt, und ich und mein Freund verlassen euch für heute bis auf den Sabbat; wer aber irgend mit mir und diesem meinem alten, wahren Freunde in vernünftigen Worten will reden, der findet mich auf meinen Besitzungen in Emmaus. Und nun, Gott dem Herrn alles anbefohlen!`
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Mit diesen ganz ernsten Worten verließen beide den großen Rat, obschon sie der Hohepriester noch aufhalten wollte."

Fußnoten