Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 6

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr auf dem Ölberg
(Ev. Joh. Kap. 8)

- Kapitel 194 -

Der Herr kennzeichnet die dreißig Römer

1
(Der Herr:) ,,Jetzt aber sind auch unsere Römer schon aufgestanden und werden uns bald umringen; aber da machet eben nicht viel Wesens mit ihnen! Was da not tut, das werde schon Ich mit ihnen abmachen. Sie sind als Heiden im Grunde gute Menschen; aber sie sind dennoch nur Heiden und haben einen guten Schlaf. Ihr werdet euch bald selbst überzeugen, wie wenig sie heute als weinnüchterne Menschen darauf achten werden, was alles sie gestern gehört und gesehen haben. Sie erinnern sich alles dessen wohl; aber es kommt ihnen vor, als hätte ihnen davon nur so recht lebhaft geträumt. Darum sage Ich euch, daß ihr sie nicht anreden und daran erinnern sollet.
2
Die Maid aber hat sich schon heute früh davongemacht, nachdem sie zuvor dem schon wachen Wirt einen liebebrennendsten Gruß an Mich aufgegeben hat, und zwar mit der lebendigsten Versicherung, daß sie in Zukunft nimmer sündigen werde. Und Ich sage es euch, daß sie auch ihr gegebenes Wort halten wird. Also was Ich euch nun bezüglich der Römer für diesen Moment gesagt habe, das haltet und beachtet, so gut ihr das nur immer möget; denn ihr werdet euch bald selbst überzeugen, daß nur Ich allzeit und ewig recht habe!"
3
Die Jünger verwunderten sich darüber, daß diese dreißig Römer, die gestern abend gar so außerordentlich für Mich glühten, heute alles das nur so für einen lebhaften Traum betrachten sollten.
4
Sagte Ich: ,,Wundert euch darüber nicht zu sehr; denn diese Menschen haben schon gestern unten in der Stadt des Guten etwas zuviel genossen und dann hier auch ums gut Siebenfache mehr denn wir alle. Daher haben sie auch schon mehr geträumt als gewacht, denn ein Berauschter träumt mit offenen Augen. Daher kommt ihnen all das gestern in der Nacht Erlebte um so mehr wie ein heller Traum vor. Aber das Beste an der Sache ist das, daß sie sich nun ihren gehabten Traum gegenseitig erzählen und ein jeder auf ein Haar den gleichen Traum erzählt. Da kennen sie sich nicht aus und geben dem Weine die Schuld, der etwa durch einen Magier also verzaubert gewesen sei. Es geht ihnen nicht einmal die Maid ab.
5
Ich habe ihnen auch eben darum in solch ihrer Berauschung ein so außerordentliches Zeichen gewirkt. Denn wären sie völlig nüchtern gewesen, so hätten sie Mich offenbar für einen ihrer Götter angesehen und ausgerufen; aber also ist es gut, und es ist für die Freiheit des menschlichen Gemüts immer besser, es bekommt ein offenbarliches Zeichen im Traume als in einem völlig nüchtern- wachen Zustande. Und das war denn auch bei diesen Römern gestern der Fall. Ihr werdet es bald sehen, was diese Sache für ein Gesicht machen wird."
6
Als Ich solches mit Meinen Jüngern abgemacht hatte, da kamen Lazarus und der Wirt zu uns hinaus ins Freie, und der Wirt richtete Mir zuerst den guten Gruß von der Maid aus.
7
Und Lazarus sagte zu Mir: ,,Aber Herr, das ist doch wahrlich recht sonderbar mit den Römern, und zwar namentlich mit dem gestern nacht so gesprächigen Agrikola! Der Gesprächigste ist heute so einsilbig wie nur immer möglich, und alle zusammen halten die gestrigen von Dir gewirkten außerordentlichen Zeichen für gehabte Träume; und das Schönste ist, daß natürlich alle einen und denselben Traum haarklein hererzählen! Ein Teil hält ihn für eine Wirkung des sicher verzauberten Weines; Agrikola aber sagt, der Traum rühre daher, weil ihre Phantasie sich schon zuviel mit dem berühmten Juden beschäftigt und daher in ihnen allen zugleich ein solches Bild ohne ihr Bewußtsein geschaffen habe, das sie nun alle zugleich diese Nacht hindurch beschäftigt habe. Aber das Allerschönste ist, daß sie eigentlich gar nicht wissen, wie sie auf diese Bergherberge gekommen sind! Ich sagte zu Agrikola, daß sie schon ziemlich abends von einer Maid heraufgeführt worden seien; aber nun können sie sich dessen auch nicht mehr erinnern! Ja, da kenne sich jemand bei diesen Menschen aus, wer sich da nur immer auskennen möchte, - für mich sind diese zu krumm!"
8
Sagte Ich: ,,Lasset das nur ganz gut sein! Es ist schon recht also; denn wären diese Menschen gestern ganz nüchtern gewesen, so hätte Ich Mich ihnen nicht also offenbaren können. Aber da sie in ihrer starken Berauschung mehr träumten als wachten, so hat sich die Sache dennoch ganz gut gemacht. Merke dir's aber wohl, daß du Mich nicht verrätst! Wenn sie einen von euch wieder nach dem berühmten Juden fragen werden, so saget ihnen, daß er heute vormittag im Tempel lehren werde! Sie werden darauf bald in den Tempel dringen und Mich sehen und hören wollen. Nachher werden sie erst reifer sein, etwas Näheres über ihr sein sollendes Traumgesicht zu Erfahren."
9
Sagte Lazarus: ,,Ganz gut! Aber Herr, es ist nun das Morgenmahl auch schon bereitet! Möchtest Du mit Deinen Jüngern nicht vorher das Morgenmahl einnehmen und Dich sodann erst in den Tempel begeben?"
10
Sagte Ich: ,,Oh, allerdings; aber stelle es in ein anderes Zimmer, damit wir mit den Römern nicht gar zu offen zusammenkommen! Es werden alsbald mehrere herauskommen und sich nach allerlei erkundigen. Meine Jünger aber haben schon die Weisung, was sie zu tun haben; Ich aber werde mit ihnen ganz leicht fertig werden. Unterdessen richte du in einem andern Zimmer unser Morgenmahl her, und wir werden dann alsbald kommen und werden es verzehren und uns darauf sogleich hinab in den Tempel begeben!"

Fußnoten