Das Grosse Evangelium Johannes: Band 10
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr in Golan
- Kapitel 85 -
Die Heidenpriester verteidigen ihr Verhalten in der Sturmnacht
Als sie sich voll Freude über diese Meine Lehrrede unter sich besprachen, da kamen ein paar der ersten Heidenpriester in unsere Herberge, um den Hauptmann zu begrüßen, dessen Gegenwart sie von jenen Ärmeren erfahren hatten, die am Morgen unseren Hügel umlagert hatten; hauptsächlich aber kamen sie eigentlich darum in unsere Herberge, um den Mann in galiläischer Tracht selbst näher kennenzulernen, von dem sie durch den Mund der bekannten Ärmeren erfahren hatten, daß am trüben Morgen die mächtigen Elemente seinem Worte und Willen gehorcht hatten.
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Als sie in den Speisesaal traten, da machten sie sogleich eine tiefe Verbeugung vor dem Hauptmann und sagten (): ,,Vergib uns, du hoher Gebieter im Namen des großen und mächtigen Kaisers durch die Allmacht der Götter und ihrer vornehmsten Diener aus der Zahl der Menschen, die sie dazu durch ihren unsichtbar wirkenden Willen erwählt und gemacht haben! Hast du auch für uns irgendein neues Gebot aus der großen Kaiser- und Götterstadt Rom, so wolle es uns gnädigst bekanntmachen, wie und wann es dir am geeignetsten dünkt, auf daß wir uns danach richten können!"
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Sagte der Hauptmann: ,,Diesmal habe ich kein neues Gebot, weder für euch noch irgend fürs Volk; denn unsere Gesetze sind fest gestellt, und es ist bis jetzt kein neues hinzugekommen. Aber es ist mir etwas von euch zu Ohren gekommen, was meinem Gemüte keine Freude macht.
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Warum betrügt und belügt ihr denn das Volk und wollet dadurch zu eurem Leibesbesten von ihm Opfer erpressen, weil ihr vorgebt, daß es nur euch zu verdanken habe, daß die erzürnten Götter in dieser Nacht die Stadt und die ganze Umgegend nicht zu einer Wüste gemacht hätten, und daß sich der trübe und noch unheilschwangere Morgen plötzlich in einen heiteren Tag umgewandelt habe? Solches prediget ihr ganz keck vor dem Volke, das euch doch selbst während des Sturmes und Erdbebens zuerst aus euren Tempeln und Wohnungen hat fliehen und im Freien Schutz suchen sehen! Heißt das den Glauben beim Volk aufrichten - oder denselben vernichten?
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Wenn das Volk bei solchen Gelegenheiten eben bei den mutigst und gläubigst sein sollenden Priestern, die sich doch stets als treue Diener und Freunde der Götter loben und rühmen lassen, nichts als die höchste Angst, Furcht und eine vollste Vertrauens- und Glaubenslosigkeit entdeckt, - wie soll es dann, wenn die Gefahr vorüber ist, den Worten solcher Priester - wie ihr euch schon etwa zu öfteren Malen erwiesen haben sollet - noch etwas glauben, von denen es nur zu gut aus der Erfahrung weiß, daß sie selbst nicht einen Funken irgendeines Glaubens und Vertrauens an eine höhere Göttermacht besitzen? Und wie können solche Priester dann vors Volk treten und es auf eine derbste und frechste Art zu belügen anfangen?"
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Sagte darauf einer der beiden Heidenpriester: ,,Vergib mir, du hoher Gebieter; in dieser unserer Sphäre hast du nicht völlig richtig geurteilt! Es ist schon wahr, daß ein Priester bei so manchen gefahrvollen Gelegenheiten stets den größten Mut und ein überaus festes Vertrauen auf die mögliche %Hilfe der hohen Götter vor dem zaghaften Volke an den Tag zu legen hat, um ihm Mut einzuflößen und in seinem Gemüte den Glauben und ein festes Vertrauen zu wecken; aber bei außerordentlich gefahrvollen Gelegenheiten soll auch der Priester vor dem Volke zeigen, daß auch er die Götter fürchtet, so sie durch das gewaltige Toben der Elemente den Menschen ihren Zorn offenbaren.
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Ein Priester ist wohl ein Vermittler zwischen den Göttern und den Menschen, doch ein Herr gleich den unsterblichen Göttern ist er nicht und wird es niemals sein; denn sterben muß auch der Priester, gleich wie ein jeder Mensch, und so hat auch er die Götter zu fürchten.
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Solange die Götter nur durch Blitz, Donner, starke Winde, gewaltige Regen, Hagel, Schnee und große Kälte zur ungewöhnlichen Zeit, in der sie den Früchten der Erde schadet, den Menschen anzeigen, daß sie da und allmächtig sind, da kann der Priester schon noch mit einem größeren Mute vor dem geängsteten Volke auftreten, es trösten und stärken und den Glauben und das Vertrauen beleben und erhalten; aber so die Götter manchmal in die Grundfesten der Erde, dieselben erschütternd, mit ihrer Macht eingreifen und das Unterste nach oben zu kehren drohen, da hat auch der Glaube des Priesters samt dem Boden der Erde zu wanken das Recht.
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Er kann bei sich immerhin durch Gebete und durch allerlei taugliche Gelübde die Götter zu besänftigen trachten, aber dabei auch an den Tag legen, daß auch er nur ein schwacher Mensch ist und die Götter allzeit zu fürchten hat.
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Siehe, du hoher Gebieter, weil sich die Sache also verhält, so taten wir in dieser wahren Schreckensnacht denn wohl nicht unrecht, daß auch wir in der Tat unsere gerechte Furcht vor der Allmacht der Götter dem Volke zeigten! Da aber die erzürnten Götter sich von uns Priestern wieder haben besänftigen lassen wegen der ihnen gemachten Gelübde, so ist es nun aber an der Zeit, das Volk davon in Kenntnis zu setzen, was es samt uns zu tun hat, um den von uns Priestern den Göttern gemachten treuen Gelöbnissen ohne Rückhalt und irgendwelche strafbare Säumnis vollends nachzukommen, ansonst bei einer künftigen Gelegenheit, in der die Götter noch erzürnter sich zu zeigen anfangen könnten, eine Besänftigung derselben sehr schwer mehr zu erhoffen wäre. Denn nur sieben Male haben die Götter eine Geduld mit den Hauptschwächen der Menschen; doch ein achtes Mal findet man schwerlich mehr eine Nachsicht und Geduld bei ihnen.
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Und da wir solches nun dem Volke eindringlich bekanntmachen, so handeln wir sicher ganz gut und gerecht vor den Göttern und vor den Menschen, die noch irgendwelchen Glauben und einen guten Willen besitzen, und es kann nicht gesagt werden, daß wir dadurch das Volk in dem Glauben und Vertrauen an die Götter schwächen.
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Und ich meine, daß ich unser Handeln mit dieser meiner kurzen Darstellung vor dir, hoher Gebieter, mehr denn zur vollen Genüge gerechtfertigt habe. Ich habe geredet!"