Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 1

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Wieder in Nazareth

- Kapitel 114 -

Des Herrn Worte an Jairus über das rechte Danken. Heimkehr nach Nazareth in das Haus der Maria

18.-20. 11. 1851
Nach dieser Belehrung trat abermals Jairus zu Mir und sagte: ,,Lieber Meister! Du hast mir nun dadurch, daß du meine Tochter mir wiedergegeben hast, mehr gegeben, als so du mir selbst möglicherweise ein hundertfaches Leben gegeben hättest! Welchen Dank soll ich dir nun dafür erweisen, wie soll ich dich dafür belohnen? Was soll ich nun dir tun?"
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Sage Ich: ,,Nichts, als daß du dich künftighin an Mir nimmer ärgern sollst, so du von Mir dies oder jenes hören wirst! Bis jetzt warst du wider Mich; so sei denn von nun an für Mich! Denn die ganze Welt kann dir das nicht geben und tun, was Ich dir gegeben und getan habe! Einmal aber wirst du es schon einsehen, wie und warum Ich dir das habe tun können. Gedenke Meiner in deinem Herzen!"
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Jairus weinte vor Freude, und dessen Weib und Tochter schluchzten, als Ich wieder mit Meinen Jüngern den Weg nach Nazareth zurück antrat. Sie begleiteten Mich bis zur Stelle hin, wo die andern Jünger und eine große Volksmenge Meiner harrten.
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Als wir da ankamen, da gab es neugierige Frager in großer Menge, die nichts emsiger zu tun hatten, als über Hals und Kopf zu fragen, wie es mit der verstorbenen Tochter des Obersten der Schule stehe.
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Petrus aber nahm das Wort und sagte: ,,Ihr Blinden! Da seht her, dieses Mägdlein ist es, das tot war und nun lebt! Wollt ihr etwa noch mehr?!" Da wandten sich viele an den Obersten und fragten ihn, ob das wahr sei.
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Und der Oberste sprach mit ziemlich starker Stimme: ,,Ja, ihr blinden und ungläubigen Toren! Ich weinte vor einer Stunde um den Verlust dieser meiner liebsten, einzigen Tochter; und nun seht ihr mich fröhlich über die Maßen, dieweil ich meine Tochter wiederhabe! Ist euch dieser handgreiflichste Beweis noch nicht genug?"
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Auf diese Worte fing alles an, sich hoch zu verwundern. Und als Ich Mich mit den Jüngern weiterzubewegen begann, da folgte Mir die ganze, große Menge Volkes, bei dreitausend an der Zahl, nach und geleitete Mich bis nach Nazareth.
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Es war aber schon ziemlich spät in der Nacht, als wir zu Hause anlangten; aber die Maria und die Brüder und Schwestern waren noch auf. Es harrte unser ein recht wohlbereitetes Abendmahl, was mehreren aus uns recht wohl zustatten kam; denn da wir seit dem Morgen nichts genossen hatten, so war ein ziemlicher Hunger eine sehr begreifliche und zu entschuldigende Sache.
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Es war aber auch der Judas im Hause und schlief schon auf einem Strohlager. Als er aber durch unser Reden, Fragen und Antworten geweckt ward, da stand er sobald auf und fragte uns um nichts als bloß, wie der Fischfang ausgefallen sei.
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Da sagte zu ihm Petrus: ,,Gehe hinaus und siehe!" Und Judas ging hinaus und sah nichts als die große Menge Menschen, die sich um Mein Haus gelagert hatten. Bald aber kommt er wieder ins Zimmer und fragt den Petrus wieder, wo denn die Fische wären. Denn er sei um das ganze Haus gegangen und habe nirgends einen Fisch wahrgenommen.
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Da sagt Petrus: ,,Hast du denn das nie gehört, daß die Blinden nichts sehen, die Tauben nichts hören und die Dummen nichts verstehen können außer das Bedürfnis ihres Magens?! Siehe, du blinder Wucherer, die Menschen, die sich draußen zu Tausenden gelagert haben, sind die herrlich guten Fische, die ich meine!"
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Sagt Judas: ,,Ja so! Das ist freilich auch kein schlechter Fang für einen gewissen Zweck; aber in unserem gewöhnlichen Leben ist mir ein hundert Pfund schwerer Waller lieber als alle die Menschen draußen! Denn für einen solchen Fisch bekomme ich überall 4 Groschen; um diese draußen aber gibt mir niemand einen Stater."
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Sagt Petrus: ,,Du wirst es mit deiner Gewinnsucht wohl noch so weit bringen, daß du ganz vollkommen des Satans wirst! Bist du denn mehr als ein Mensch, wie da unsereiner ein Mensch ist?! Wir leben alle ohne Gewinnsucht, und du lebst mit uns und issest aus unserer Schüssel, das dich nichts kostet als die kleine Mühe des Essens selbst. So du aber hier ohne dein dummes Geld lebst, wozu ist dir dann das Geld?!"
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Sagt Judas: ,,Habe ich nicht Weib und Kinder? Wer erhält mir diese, so ich mir nichts erwerben würde?! Glaubst du wohl, daß diese von einer Art Luft werden leben können?!"
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Sagt Petrus: ,,Siehe, ich kann alles recht wohl vertragen; aber eine unverschämte Lüge kann ich nicht vertragen! Du magst wohl zu Jerusalem, wo man dich weiter nicht kennt, als daß du ein Galiläer bist, dich als einen für deine Familie besorgten Hausvater rühmen; aber hier vor mir tut es sich auf keinen Fall! Denn ich und wir alle, die wir deine Nachbarn waren und noch sind, kennen dich und deine häusliche Einrichtung nur zu gut, als daß wir dir aber auch nur ein Wort glauben könnten. Dein Weib und deine Kinder haben noch allzeit darben und sich durch schwere Leiharbeit noch allzeit ihr karges tägliches Brot verdienen müssen. Von den Fischen, die du gefangen hast, haben sie noch wenig genossen; die Kleidung haben sie von mir und wielange ist es denn, als du auf Märkten herumzogst, daß wir aus Erbarmung das ganz zusammengefallene Haus deiner Familie nahe ganz neu haben herrichten lassen?! Wieviel wohl gabst du uns dafür?! Und das heißest du - sorgen für dein Weib und Kinder?! Geh und schäme dich zehn Jahre lang, darum du es wagst, vor uns also keck zu lügen, der du uns nur zu bekannt bist!"
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Hier macht Judas ein ganz verblüfftes Gesicht und sagt darauf kein Wort weiter; denn Petrus hatte ihn nun zu sehr getroffen. Er ging hinaus und überdachte sich die Sache, kam nach einer Weile wieder und bat uns alle um Vergebung! Er versprach auch, daß er sich von nun an vollends ändern werde und wolle nun ganz ernstlich Mein Jünger sein; nur sollten wir ihn nicht gewaltsam von uns weisen! Da sagt Nathanael, der gewöhnlich wenig und das sehr selten sprach: ,,In dir wohnt der Geist Kains, verstehst du mich? Und dieser Geist bessert sich auf dieser Erde nicht; denn der Geist Kains ist die Welt, und von dieser ist keine Besserung zu erwarten!"
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Sagt Judas: ,,Ja, ja, ja, was du immer mit deinem alten Geiste Kains hast!? Wo ist Kain, und wo sind wir?! Das Geschlecht Kains ging unter; nur Noah allein blieb, und in dessen Nachkommen ist kein Tropfen des Blutes Kains mehr, sondern das reine Blut der Kinder Gottes rollt in unseren Adern. Wo aber das Blut rein ist, da ist auch der Geist rein; denn der Geist des Menschen entstammt allzeit seinem Blute, und so ist der Geist auch stets dem Blute gleich rein!"
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Sagt Nathanael: ,,Das ist dein alter, mir nur schon zu bekannter Unsinn und gilt bei mir nichts! Gehe zu den Sadduzäern; dort kannst du mit deinem Unsinne Aufsehen machen! Bei uns aber ist das Blut eine faule Materie, und der Geist ist und bleibt für ewig Geist! Was nützt dir aber dein Gotteskinderblut, so in selbem ein unreinster Geist wohnt, wie es in dir der Fall ist?! Verstehst du mich?"
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Sagt Judas: ,,Ja, ja, du magst wohl auch recht haben, und ich werde mir wohl alle Mühe geben, in den Grund eurer Lehre einzudringen; aber so eure Lehre schon auf den Grund der Humanität gebaut ist und jedermann mit aller Geduld und Sanftmut entgegenkommt, da glaube ich, daß es von eurer Seite gerade nicht nötig ist, mich in einem fort mit allerlei Gehader von euch weisen zu wollen! Denn was ist jede Lehre ohne Jünger? Ein leerer Schall in der Luft, den niemand beachtet! Eine jede Lehre bedarf daher ebensogut der Jünger, als die Jünger einer guten Lehre bedürfen; und so meine ich denn auch, daß ein jeder Jünger einer Lehre gegenüber einen ebenso entschiedenen Wert hat als die reinste und beste Lehre an und für sich selbst! Und so meine ich denn, daß es von eurer Seite eben nicht gefehlt sein dürfte, so ihr mit mir als eurem Mitjünger ein wenig mehr Geduld haben möchtet!
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Daß ich nun noch in meinen alten Grundsätzen stecke, das werdet ihr hoffentlich als nun schon Selbstweise einsehen; ich will aber eben deshalb eure Lehre erkennen, um in ihr meine alte, bei mir eben keinen großen Glauben mehr habende Lehre loszuwerden. Wenn ich denn manchmal etwas weniges dieser eurer neuen Lehre entgegen rede, indem ich noch kein Eingeweihter bin, so werdet ihr das ja wohl auch ganz natürlich finden?!
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Werde ich einmal gleich euch in die neue Lehre eures Meisters eingeweiht sein und ihre Grundsätze gleich euch als unwiderlegbar gut und wahr finden, so werde ich für diese eure neue Lehre auch sicher ein zehnfach größerer Eiferer sein, als ihr es alle zusammen seid; denn ich besitze Mut und kann jedermann Trotz bieten, indem ich mich vor gar keinem Menschen fürchte. Und hätte ich irgendeine Furcht, so käme ich sicher schon lange nicht mehr zu euch, indem ihr mir doch schon mehrere Male samt eurem Meister nur zu klar zu verstehen gegeben habt, daß ich eure Gesellschaft meiden möchte! Aber ich habe ein für alle Male keine Furcht, und so komme ich denn wieder. Ihr ärgert euch zwar allezeit ganz gehörig darüber; aber das macht mir nichts, und ich bleibe euch gleich ein Jünger dieser neuen Lehre. Was könnt ihr mir darauf entgegenstellen?!"
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Sagt Nathanael: ,,Viel und nichts, wie du's willst! Daß du keine Furcht in dir hast, darin liegt eben noch keine gar zu löbliche Tugend. Denn furchtlos muß auch der Satan sein, sonst würde er Gott dem Herrn nicht eine Ewigkeit um die andere ungehorsam verbleiben! Auch sehen wir das auf dieser Erde schon an den Tieren, von denen einige offenbar mehr Mut haben als andere. Siehe an einen Löwen, einen Tiger, einen Panther, einen Wolf, eine Hyäne oder einen Bären und stelle diesen gegenüber ein Lamm, eine Ziege, ein Reh, einen Hasen und derart furchtsame Tiere mehr! Sage, zu welcher der beiden Tierparteien wirst du dich stellen?"
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Sagt Judas: ,,Das ist doch klar, daß ich wie jedermann mich zu den sanften Tieren und nimmer zu den reißenden, wilden Bestien wenden werde; denn der Mut des Löwen ist jedermanns Tod!"
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Sagt Nathanael: ,,Und du rühmest doch den Mut und meinst, eben dadurch ein tüchtiger Jünger zu werden?! Ich sage dir, der Mut im eigentlichsten Sinne des Worts ist ein großes Laster; denn er ist die Frucht des Hochmutes, der eine Verachtung alles dessen ist, was bei einem Menschen nicht das höchst eigene Selbst ausmacht. Daher wird in unserer Lehre der furchtlose Mut eines Menschen nie als eine Tugend angepriesen werden, indem er nur gerade das Gegenteil von dem ist, was unsere Lehre vom Menschen verlangt!
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Wer führt Krieg? Sieh: lauter sogar den Tod nicht fürchtende sogenannte Helden! Lassen wir die ganze Erde voll Helden sein, und der ewige Krieg wird die weiten Gefilde der Erde unausgesetzt überziehen; denn ein jeder Held will nicht nur ein Mitheld der Helden, sondern ein Held für sich sein und wird nicht ruhen, bis er sich alle andern Helden wird untertan machen oder einen um den andern möglicherweise aus der Welt schaffen.
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Stelle dir aber dagegen lauter sanfte und lammfromme Menschen vor, und die Erde wird zu einem Paradiese!
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Wenn der Held einen Furchtsamen vor sich hat, so wird er ihn nicht verfolgen; denn der Furchtsame macht ihm nicht streitig seinen Ruhm. Wenn aber ein Held dem andern Helden gegenübersteht, so werden sich die beiden Helden sogleich zum Kampfe herausfordern, und es wird keiner eher ruhen, als bis der eine oder der andere seinen Gegner zu Boden gestreckt hat! Und sieh, das ist, klar und deutlich dargestellt, der Segen der Mutigen!
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Willst du daher unser Mitjünger sein, so lege deinen sehr überflüssigen Mut beiseite und sei dafür lieber voll Liebe, Geduld und Sanftmut, so wirst du also sein, wie es einem rechten Jünger des Herrn zu sein geziemt!"
29
Sagt Judas: ,,Nun ja, du hast gerade nicht unrecht; ich werde diese Sache noch näher erwägen und werde es dann euch allen morgen kundtun, was ich tun werde, ob ich bei euch bleibe, oder ob ich von euch gehe!"
30
Mit diesen Worten geht Judas hinaus, sucht sich mehrere Bekannte unter der großen Volksmenge und bespricht sich mit ihnen nahe die ganze Nacht über das vom Nathanael Vernommene; aber alle stimmen für den Nathanael und sagen: ,,Nathanael ist ein wahrer Weiser!", und sie wüßten es wohl, daß in dessen Seele kein Falsch ruhe! - Wir im Hause aber begeben uns zur Ruhe.

Fußnoten