Das Grosse Evangelium Johannes: Band 4
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi
- Kapitel 98 -
Von der Geldhilfe
1
(Der Herr:) ,,Wer von euch viel des Geldes hat, der leihe es nicht stets denen, die ihm hohe und wucherische Zinsen und das Kapital zur bedungenen Zeit zurückbezahlen können, sondern auch den Armen, die ihm weder das Kapital noch die Zinsen zurückerstatten können, so wird er sein Geld bei Mir guthaben, und Ich werde ihm schon hier zehnfach und jenseits hundertfach Kapital und Zinsen zurückbezahlen. Wer aber sein Geld nur allein denen leiht, die ihm zur bedungenen Zeit Kapital und Zinsen zurückbezahlen können oder in gewissen Fällen durch gerichtlichen Zwang zurückzahlen müssen, der hat seinen Lohn schon hier ganz genommen und hat von Mir keinen mehr zu erwarten; denn er hat dadurch nicht Mir, sondern nur der Welt und sich selbst gedient.
2
Ihr werdet zwar sagen: ,So man jemand, der in einer Not steckt, auch ein Geld auf Zinsen leiht, so ist das ja auch eine Wohltat; denn der Entleiher hat sich dadurch geholfen, ist ein reicher Mann geworden und kann dann ja ganz leicht Kapital und Zinsen zurückerstatten! Denn der Darleiher hat ja doch wagen müssen, sein Geld im ungünstigen Spekulationsfalle zu verlieren! Da es aber dem Entleiher genützt hat, so kann darob ja doch kein Gott mit aller Seiner Weisheit Sich irgend aufhalten, wenn er, der Entleiher, dem Darleiher das Kapital samt den bedungenen Zinsen zurückbezahlt! Denn der Darleiher ist fürs erste ja auch ein Mensch, gegen den ein anderer dieselben Verpflichtungen hat wie er zu ihm, und fürs zweite kann das dargeliehene Geld ja des Darleihers ganze Habseligkeit sein, von der er also, wie der Landmann vom Grunde und Boden, leben muß! Läßt sich aber der Darleiher das dargeliehene Geld, wie auch die Zinsen davon, nicht zurückerstatten, wovon soll er dann leben? Oder kann es der Entleiher auch nur von ferne hin wünschen, das entliehene Geld zu behalten, indem er mit demselben doch sehr viel gewonnen hat und wohl wissen kann und muß, daß dies des gefälligen Darleihers einzige Habseligkeit ist?!`
3
Dazu sage Ich: Jeder, der ein Geld hat, und ein Freund benötigt dessen und kommt und will ein Darlehen, so soll es ihm nicht vorenthalten werden. Wer es ihm darleiht gegen die gesetzlichen Zinsen, der hat an ihm schon ein gutes Werk vollbracht, das auch in den Himmeln seine Würdigung finden wird. Es ist aber ebenso die Pflicht des Entleihers, dem Darleiher nicht nur gewissenhaftest das Entliehene samt den bedungenen Zinsen zurückzuerstatten, sondern noch mehr; so er viel gewonnen hat, soll er auch aus freiem Herzensantriebe den Gewinn mit dem Darleiher teilen, da er ja doch nur mit dessen Gelde den Gewinn gemacht hat. Doch der Darleiher soll das nicht irgend verlangen! Das alles könnet ihr in aller Freundlichkeit tun, aber darum das andere nicht völlig fahren lassen!
4
Wenn aber zu dem, der ein Geld zum Ausleihen hat, ein ganz Armer kommt, von dem es nicht zu erwarten ist, daß er eine dargeliehene größere Summe ersprießlich und nutzbringend verwenden könnte oder möchte, da ist von Mir aus kein Mensch verpflichtet, solch einem Armen ein vom selben verlangtes Geld zu leihen, weil er auf diese Weise mutwillig sein Geld, ohne jemand damit wirklich genützt zu haben, gleichsam weggeworfen und dem armen Entleiher nur eine Gelegenheit bereitet hätte, durch die er sich zu allerlei Ausschweifungen angetrieben zu fühlen anfangen würde und je nach seiner Natur auch müßte. Solch ein Werk wäre sonach nicht besonders gut, im Gegenteile nur mehr, wennschon gerade nicht schlecht, so doch sehr dumm zu nennen, - was weder Meiner Liebe und noch weniger Meiner Weisheit angenehm sein könnte.
5
Ah, ganz was anderes wäre es, so ein armer Mann käme, von dem ihr wisset, daß er mit dem Gelde wohl umzugehen versteht und er nur durch widrige Zufälle arm geworden ist, und verlangte von euch ein Geld zu entleihen; dem sollet ihr es ja nicht vorenthalten, auch ohne Zinsen und ohne eine sichere Zuversicht, das dargeliehene Kapital je wiederzuerhalten! Hat der Mann das Geld gut verwendet, so wird er als euer Bruder schon auch wissen, was er danach zu tun haben wird; denn er hat dieselben Verpflichtungen gegen euch, wie ihr gegen ihn.
6
Sollte er das Entliehene jedoch nicht mehr zurückzuerstatten imstande sein, so sollet ihr ihm darum nicht gram werden oder euer Guthaben bei seinen Nachkommen suchen; denn dies wäre hart und gänzlich wider Meine Ordnung. Sind aber die Nachkommen, besonders die Kinder oder die ersten Enkel, zu einem Vermögen gekommen, so werden sie sehr wohl und Mir wohlgefällig daran tun, jene Schuld zu tilgen, die ihr armer Vater oder Großvater bei einem Menschenfreunde gemacht hat. Geschieht das, so wird der Menschenfreund dann aber auch schon wissen, was er mit solch einem Gelde aus Liebe zu Mir und zum Nächsten zu tun haben wird!
7
Wenn Ich demnach sage, daß ihr euer Geld auch denen leihen sollet, die es euch nicht zurückerstatten können, so will Ich damit nur eben das sagen, daß ihr mit eurem Geld oder sonstigen Vorrat eben also euch gebaren sollet, wie Ich es euch nun angezeigt habe; was darunter oder darüber ist, wäre entweder dumm oder von bedeutendem Übel, also eine grobe Sünde wider die wahre Nächstenliebe!"