Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 3

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Jesus in der Gegend von Cäsarea Philippi

- Kapitel 2 -

Von Erscheinungen höherer Wesen

1
(Julius:) ,,Ebenso sind uns Römern genug geschichtliche Überlieferungen bekannt, daß zum Beispiel ein Sokrates, ein Plato, ein Aristides und noch eine Menge anderer Weisen einen Genius stets bei sich hatten, der sie belehrte und ihnen stets nach der Fähigkeit ihres Herzens weise Lehren und in Notfällen einen sichern Rat erteilte; und wer aus ihnen den Rat nicht befolgte, hatte auch sicher die üble Folge davon zu gewärtigen.
2
Nun, so man aber solches weiß, zum Teil aus der Geschichte und zum Teil aus höchst eigener Erfahrung, da kann einem solch eine Erscheinung, wie ihr sie hier angetroffen habt, denn ja doch nicht gar so unstatthaft vorkommen. Kurz, wir wissen es aus den vielfachen Überlieferungen und aus Erfahrungen der Gegenwart, daß sich höhere Wesen gar nicht so selten, als es manche meinen, zu uns Menschen begeben, sich uns auf eine mannigfache Art kundgeben und uns bald über dies und bald über jenes irgendeinen Aufschluß erteilen; wenn aber das, so ist unser Engel nun sicher keine gar so ungewöhnliche Erscheinung, als man sie auf den ersten Augenblick zu halten pflegt!
3
Daß aber ein solch vollendeter Geist für unsern Verstand unbegreifliche Kräfte besitzt und daher für uns auch gar seltene Wunderwerke ausführen kann, darin finde ich nichts Außerordentliches.
4
Ich hatte einmal Gelegenheit, Menschen aus Hinterägypten zu sehen und mit ihnen durch einen Dolmetsch zu reden. Sie waren ganz nackt und bedeckten nicht einmal ihre Scham. Sie hielten uns Römer für höhere, himmlische Wesen und verwunderten sich im höchsten Grade über die großen und prachtvollsten Gebäude Roms, über die schönen Kleider und unsere glänzende Pracht; sie hielten alles, was sie von Menschenhänden gemacht sahen, für Werke der Götter, für die sie uns hielten, und fragten mich, ob wir auch stets die Sonne und die Sterne, wie den Mond regierten und alles das lenkten nach unserem Belieben, oder ob es zu dem Geschäfte noch irgend andere Götter gäbe.
5
Natürlich belehrten wir sie, und ehe ein Jahr um war, wußten sie schon recht gut, daß auch wir nur Menschen waren, und lernten recht viele Dinge von uns, bekleideten sich am Ende und hatten eine große Freude daran, als sie Kleiderstoffe selbst zu machen gelernt hatten und daraus zu verfertigen allerlei Kleider, männliche und weibliche. Nach wenigen Jahren kehrten sie wieder mit allen möglichen Kenntnissen ausgerüstet in ihr Vaterland zurück und haben dort sicher Schulen errichtet und sogestaltig einiges Licht in ihre Naturwildnis gebracht.
6
Nun, so wir da in unserer noch sehr großen geistigen Ungebildetheit einen vollendeten Geist wirken sehen, so muß es uns freilich wohl im hohen Grade wundernehmen, wie so etwas denn doch möglich sei; wenn aber unser Geist ebenso vollendet sein wird, da werden sicher auch wir Höheres zu leisten imstande sein und werden uns dann sicher nicht so wie jetzt verwundern, so ein Geist einen Stein in seine Urelemente zersetzen wird mit der uns bekannten Kraft.
7
Daß wir aber in unserem geistigen Teile einer ins Unbegrenzte gehenden Vollendung fähig sind, das beweisen uns tausend Beispiele; und an diesem Tische sitzen Menschen, die dem Engel schon so ziemlich nahe sein dürften, und einer aber dürfte dem Engel schon sehr bedeutend überlegen sein, wie ihr solches auch zuvor von dem Arzte aus Nazareth vernommen habt.
8
Werfet euch demnach von nun an auch hauptsächlich auf die möglich größte Ausbildung eures Geistes, und ihr werdet dann auch nicht nur so einen Stein, sondern einen ganzen Berg in seine Urelemente auflösen können!"
9
Hierauf wandte sich Julius an den Engel und sagte: ,,Und du, Raphael, sage, ob ich da nun in meiner etwas gedehnten Rede auch nur ein falsches oder unwahres Wort geredet habe?!"

Fußnoten