Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 11

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre

- Kapitel 64 -

Des Lazarus Erlebnisse im Jenseits

Um nun nicht mehr auf dieses Gespräch zu kommen, begann Lazarus selbst von seiner früheren Krankheit zu reden und wie er sich noch recht gut aller Einzelheiten vor seinem Tode erinnere, aber nichts mehr von dem wisse, was sodann mit ihm vorgegangen sei.
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Das gab nun Gelegenheit, von dem Leben nach dem Tode selbst zu reden, und wie die ankommende Seele im Jenseits sich doch sogleich fühlen möge.
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Lazarus fragte Mich, warum er denn so gar kein Gedächtnis mehr von dem habe, was mit ihm in der Zeit geschehen sei, als er im Grabe gelegen habe.
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Ich erörterte ihm nun, der Grund läge darin, weil seine Seele sich in einem Zustand der höchsten Glückseligkeit befunden habe, der es ihr unerträglich machen würde, bei Beibehaltung des Gedächtnisses sich jetzt noch der irdischen Tätigkeit zu widmen. Dem sei vergleichbar, als würde ein überaus guter und weiser König, der sich auch nur in einer ihm würdigen Gesellschaft bewegt hat, plötzlich gezwungen sein, mit dem allerschlechtesten Volk zu verkehren und in der erbärmlichsten Behausung zu leben, ohne imstande zu sein, seine Lage zu verbessern.
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(Der Herr:) ,,Damit du aber siehst, daß Ich nicht zuviel gesagt habe, sollst du auf kurze Zeit das Gedächtnis zurückerhalten und uns allen klar auseinandersetzen, wie es dir ergangen ist, und was du erlebt hast. Rede denn nun, wie dir die Rückerinnerung kommt, und sprich klar aus, was du empfindest! Ich will aber, daß du nicht irgendwie dabei deine jetzige Körpergefangenschaft empfindest, sondern als freier Geist redest!"
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Alsogleich verfiel Lazarus in eine kurze Betäubung von einigen Augenblicken, erwachte sodann und sprach mit würdigstem, verklärtem Ausdruck folgendes: ,,Oh, ich sehe jetzt im Geiste nochmals klar und deutlich, was ich in jener Todesstunde fühlte und dachte!
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Es war mir am Anfang unsäglich bange, als ich merkte, daß das Leben in mir erlöschen wollte. Dann aber trat ein Gleichmut ein, und ich empfand das Bedürfnis, fest zu schlafen. Das Weinen der Schwestern, die an meinem Lager standen, kam mir unnütz vor; denn ich wußte doch, daß ich wieder erwachen würde. Dann schlief ich ein.
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Als ich erwachte, fühlte ich mich leicht und frei von allen körperlichen Beschwerden. Ich atmete die reinste Luft und fühlte mich wunderbar gestärkt. Ich hatte die Augen geschlossen, da es mir wohlig und angenehm war, mich ganz der Ruhe hinzugeben. Dann aber empfand ich das Bedürfnis, die Augen zu öffnen, was aber nicht so recht gelingen wollte. Ich fühlte, wie eine Hand meine Augen berührte, und nun konnte ich diese öffnen.
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Ich sah in das lächelnde Antlitz meines Vaters und war erst sehr erstaunt darüber, da ich ihn doch gestorben wußte und ihn nun neben mir stehen sah. Er sagte mir, daß ich körperlich gestorben und nun in die freie Geisteswelt eingegangen sei und in seinem Wohnhaus mich befände.
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Ich sah mich um und erblickte ein herrliches Gemach, strahlend in hellsten, reinsten Farben. Mich ergriff die Schönheit dieses Gemaches, in welches helles Licht flutete, so sehr, daß ich staunend ausrief: ,Wenn ich nicht deinen Worten glauben wollte, so würde doch dieser Raum mir zeigen, daß ich der Welt entrückt bin, mein Vater! Sage, ist das hier dein Aufenthalt?!`
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Antwortete mein Vater: ,Es ist dieses Gemach gleichsam mein Geheimkämmerlein, wo ich mich mit meinem Herrn und Schöpfer ganz allein und doch durch Ihn überall befinde, wo es notwendig ist. Ich habe dich, mein Sohn, in diesem Heiligtum aufgenommen, weil du nur erst ein Gast dieses Reiches bist und später in dein Eigentum eingehen wirst. Mir ist es aber eine große Freude, dich hier aufnehmen zu können; denn der ein Freund des erdenwandelnden Herrn ist, hat auch Anspruch auf unser Bestes in uns und damit außer uns.
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Du verstehst nicht, wie das gemeint ist? So siehe, dieses Gemach bedeutet das innerste Herzenskämmerchen meines Wesens und ist somit das Zentrum meiner Sphäre, von wo aus ich dich überall hinführen kann, soweit sich mein Geist erstreckt! Dadurch bist du gleichzeitig mit mir, umschlossen von meiner Liebe, Mitherrscher meines Selbst, solange du dich hier befindest. Jeder Mensch hat im Jenseits so ein Allerheiligstes, in das er sich gänzlich zurückziehen kann, um von den Strahlen des reinsten Lichtes, das hier durch alle Wände ungehindert hereindringt, durchdrungen zu werden. Auch du wirst das genießen, so du dauernder Bewohner hier sein wirst; aber jetzt bist du es, wie gesagt, noch nicht, sondern nur ein Gast, weil ich, als dein irdischer Vater, das nächste Anrecht auf deine Seele habe, diese zu schützen!`
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Ich erhob mich nun von dem Ruhesitz, auf dem ich mich wiedergefunden hatte, und umarmte voller Liebe meinen Vater, dessen Seite ich auch nicht verlassen habe, bis Du, o Herr, mich zurückriefst. Ich habe mit ihm auch Wanderungen gemacht, und er hat mir gezeigt, was alles ihm untersteht. Es war das vornehmlich die Aufgabe, ankommende Seelen der Erde zu sammeln und diese in die rechte Geistestätigkeit einzuführen.
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Ich habe auch gesehen, wie diese Seelen oft schwer behangen waren mit allerlei Weltunrat, von dem sie sich befreien mußten, und habe gesehen, wie alles das, was im Geiste sich darstellt, auch ein entsprechendes Bild in der äußeren Erscheinung zeigt, so daß aus diesem Willen und Wollen der Seelen bleibende Bilder entstehen, die erst mit dem wechselnden Willen sich ändern und so die Sphäre oder die sichtbare Gedankenwelt der Seele darstellen. Die verbergende Körperhülle ist geschwunden und damit auch die Möglichkeit der Verbergung des Gedankenwillens.
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Es ist aber diese Gedankenwelt durchaus nicht etwas, was nicht vorhanden ist - also Phantasie wäre -, sondern auch für jeden Geist etwas stofflich Vergeistigtes, Aufgebautes, sobald der Liebewille, der mit dem Liebewillen Gottes harmonieren muß, es fixiert. Harmoniert der Wille des Geschöpfes nicht mit dem Liebewillen Gottes, so kann dessen Gedankenwelt nicht dauernd bestehen, sondern wird wieder vergehen müssen. Die irdischen stofflichen Aufbauten und in das Materielle übersetzten Gedanken des Menschen sind vergänglich, weil die Materie im Liebewillen Gottes überhaupt nicht besteht, sondern nur zu bestimmtem Zweck als wandelbare Form fest gestellt wurde; diejenigen des Geistes aber sind unvergänglich, weil dessen Schaffen der Endzweck des göttlichen Schaffens selbst ist, das heißt, Gott will durch Seine Geschöpfe schaffen und so Seligkeiten geben, genießen lassen und durch Seine Geschöpfe Selbst genießen.
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Es ist daher das jenseitige Leben hauptsächlich ein Arbeiten im Geiste, das heißt also ein Schaffen unvergänglicher Werke, nicht aber der materiellen Werke, die in Schutt und Staub wieder zerfallen müssen.
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Im Anschauen der vielen Dinge, die sich meinem Geiste nun darboten, habe ich einen Teil der zukünftigen Seligkeit bereits genossen und werde daher stets gern bereit sein, diesen Körper wieder abzulegen, wenn Du, o Herr, es befiehlst, ebenso willig, als ich auch wieder zurückkehrte, als Deine Stimme in das Gemach hallte und mich zur Rückkehr anhielt. Mein Vater hatte mir dieses Ereignis bereits angekündigt, so daß ich völlig darauf vorbereitet war.
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Ich weiß nunmehr aber auch, daß ein jeder Mensch von Dir also auferweckt werden muß dem Leibe nach, da in diesem nach Verlassen der Seele noch vielerlei zurückbleibt, was die Seele für ihr jenseitiges Leben braucht. Es beruht das darauf, daß diejenigen Stoffe, welche im Körper die Materie ausmachen, auch nach ihrem Auflösen und Aufsteigen aus der Körperform in einer Art Verwandtschaft zur Seele bleiben, - ungefähr wie ein Mensch, der lange Zeit in einer Gegend lebte, nach Verlassen derselben doch stets eine Sympathie für diese behält und die Erfahrungen, welche er in derselben machte, doch stets in seinem seelischen Fühlen mit der Umgebung zusammenhängen, so daß eines ohne des anderen Wechselwirkung nur ein unklares Bild geben würde.
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Die Seele sucht daher das seelische Element, welches die kleinsten Stoffteile ihres verlassenen Körpers beherrscht, zu sich heranzuziehen und mit sich zu einen, da dadurch ebenfalls eine Art Erlösung der Materie geschieht, oder - besser gesagt - ein In-sich-Aufnehmen, Verschlingen des noch Unreinen vom Reinen. Das ist nun allerdings ein Vorgang, der dem noch irdischen Menschen ganz unverständlich bleibt, wenn er nicht in geistigen Dingen weit vorgeschritten ist. Jedenfalls aber ist diese Auferweckung des Leibes von der Seele, die nicht schnell vor sich zu gehen braucht, ebenso notwendig wie die Auferweckung der Seele vom Geiste, während dieser wieder erst direkt von Dir, o Herr, erweckt, das heißt ins Leben gerufen wird. Diese Stufenfolge ist ein besonderes Geheimnis Deiner Schöpfung, wie ich erst im Jenseits gesehen und erfahren habe, und wie jeder Mensch an sich erfahren wird.
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Als nun Deine Stimme zu mir erschallte, fühlte ich mich hinweggezogen und hatte die Empfindung, als wenn im Traum die Bilder wechseln und sodann bald das Erwachen folgt. Zwischen den geträumten Bildern empfinden wir aber eine Lücke, die die Seele in ihrem Bewußtsein nicht auszufüllen imstande ist. Ich glaubte also, wie von einem langen Schlafe zu erwachen, und fand mich sodann im Grabe liegend. Ich wußte, was mit mir vorgefallen war, hatte aber doch nur die Rückerinnerung des Traumes.
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Jetzt, wo ich mich momentan von meinem Körper frei fühle, empfinde ich es auch sehr wohl, daß die Fesseln des Körpers nicht imstande sind, die sich frei fühlende Seele zu bändigen, wenn sie erst einmal die wahre, seelische Freiheit gekostet hat, weswegen Du, o Herr, auch die Körperbande mir gelöst hast, damit dieser nicht zerstört werde. Ich weiß jetzt auch, daß Du nach meiner Erweckung mir alles erklärt hattest, was jedoch meinem Gedächtnis wieder entschwunden war. Nun aber werde ich diese Ereignisse nicht wieder vergessen, sondern als unschätzbares Gut gewißlich in mir bewahren."
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Ich sagte nun zu Lazarus, er solle wieder der frühere werden und der irdisch lebende Lazarus sein, worauf er abermals in eine kurze Betäubung verfiel und dann wohlgemut mit der Erinnerung eines lebhaften Traumes in dem Kreise der Meinen erwachte.
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Allen Anwesenden war diese Szene nun ein lebhaftes Anschauungsbild des Sterbens gewesen und diente später sehr dazu, ihnen jede etwa noch übriggebliebene Furcht vor dem Augenblick des Todes fortzunehmen.
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Ich ermahnte nun die Meinen, sich zur Ruhe zu begeben, damit sie morgen gestärkt wären zu großer Arbeit, und alsbald folgten denn auch alle diesem Rate.

Fußnoten