Gottes Neue Bibel

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 11

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre

- Kapitel 47 -

Des Herrn und Seiner Jünger Beschäftigung in Ephrem

Man wird nun fragen, was wir denn eigentlich in diesem Mauernest tagsüber getrieben haben, wo wir so abgeschieden von der Welt lagen; denn daß dies nutzlos für Meine Jünger geschehen sein sollte, ist doch wohl nicht anzunehmen.
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Das ist wahr! Denn diente diese Zeit der Abgeschiedenheit auch hauptsächlich dazu, um Meinen Erdenmenschen für die schwere Zeit vorzubereiten und für die Umwandlung zum ewigen, unveränderlichen Christus geeignet zu machen, so sollte diese selbe Zeit doch auch Meine Jünger und namentlich die Apostel für ihren zukünftigen Beruf vorbereiten, Lehrer für alle Menschen zu werden. Der Vorgang, der in Mir sich vollzog, blieb allen Augen verborgen, jedoch wie Meine Jünger sich selbst und gegenseitig erzogen, soll hier genau enthüllt werden, damit jedermann, der wahrhaft an seiner inneren Vervollkommnung arbeiten will, daran eine Richtschnur findet, die zur Wiedergeburt des Geistes führt.
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So höret denn, worin unsere äußere und innere Beschäftigung bestand!
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Die äußere ist schnell erklärt. Sie bestand einfach in einer genauen Regelung aller häuslichen Geschäfte, denen sich jeder gern aus Liebe für seine Brüder unterzog, und die bei den geringen Bedürfnissen der Gesellschaft auch nicht viel Zeit beanspruchten. Die Hauptsache war hier, daß jeder unaufgefordert sich dort nützlich machte, wo er bemerkte, daß irgendeine Dienstleistung geschehen konnte; denn diese Aufmerksamkeit ist schon ein Zeichen der tätigen Nächstenliebe, während der im Geiste Träge gar nicht bemerkt, wo irgendeine kleine Liebetätigkeit anzubringen wäre.
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Während unseres Aufenthaltes unterstützte Ich nur wenig die äußeren Geschäfte des Hauses, wie zum Beispiel das Beschaffen der Nahrungsmittel, damit einesteils die Trägheit nicht um sich greifen könne, andernteils damit auch die Meinen lernten, sich nicht nur auf außergewöhnliche Kraft zu verlassen. Daß es uns trotzdem an nichts fehlte, brauche Ich wohl nicht erst zu betonen.
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Die Hauptsache war die geistige Nahrung! Und wie wurde nun diese geleitet? Zunächst in der Beherrschung einer völligen inneren Ruhe, die sich nicht durch irgendwelchen Ärger oder kleinliche Reizbarkeit aus dem Gleichgewicht bringen ließ, - sodann durch Übung der Willenskraft, die imstande ist, jede Leidenschaft und Neigung zum Gegenpol niederzukämpfen. Erst derjenige, der sich besiegt hat, kann auch andere besiegen!
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Weiterhin wurde das innere, geistige Auge geübt und immer mehr erschlossen. Nicht daß Ich die innere Sehe den Meinigen Selbst eröffnete, sondern sie mußten imstande sein, selbst ihr geistiges Auge auf Gegenstände zu richten, die sie erkennen wollten. Diese Fähigkeit erfordert jedoch ganz besondere Läuterung der Seele; denn diese, von Haus aus irdisch gesinnt, kann natürlich nur dann rein Geistiges aus sich selbst heraus schauen, wenn sie sich schon bedeutend vergeistigt hat, oder, richtiger gesagt, wenn der in ihr wohnende Geist so weit mächtig geworden ist, daß er der Seele, welche seinen Leib bilden soll, so viele Begriffe des Geistigen beigebracht und diese so weit mit seinem Lichte erhellt hat, daß sie auch die geistigen Bilder sieht, erkennt und begreift. Solange nur die äußerlichen, rein körperlich materiellen Dinge durch den künstlichen Leibesmechanismus der Seele begreiflich gemacht werden, ist diese noch geistig blind. Sobald sie lernt, durch die Hülle der äußeren Körper hindurchzublicken, wird sie geistig sehend.
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Die Mikroskope der heutigen Welt geben nur ein sehr genaues, bis ins kleinste hinein detailliertes Bild der äußeren Hülle, ohne Aufschlüsse zu geben über das rein geistige Leben aller Dinge. Dieses zu erkennen ist nur die sehend gewordene Seele imstande, niemals aber die noch so verschärften Instrumente irgendeines Gelehrten.
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Ist aber erst einmal die Seele imstande, das innerste Leben zu erkennen, so durchschaut sie natürlich auch die feinsten Bauten der dieses innerste Leben umschließenden Hüllen mit derselben Leichtigkeit.
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Es ist aber natürlich, daß Meine Jünger, welche als Lebensmeister und Lehrer auftreten sollten, in allem unterrichtet sein mußten, wenn Ich körperlich nicht mehr bei ihnen war, und sie hatten sich somit alles völlig zu eigen zu machen.
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Man wird nun fragen: Hatten die Meinigen denn nicht schon alle diese Dinge sich völlig zu eigen gemacht, und bedurfte es denn erst dieses abgeschiedenen Aufenthaltes in der Wüste, um zur inneren Selbstherrschaft zu gelangen?
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Hier ist wiederum darauf hinzudeuten, daß dieselben früher stets unter einer Art Zwang, den Meine Person durch ihre Gegenwart ausübte, und sodann durch das Bewußtsein der einzelnen, daß sie von dem vielen folgenden Volke stets beobachtet wurden, zu leiden hatten. Jeder wird aber recht wohl wissen, daß es weit leichter ist, das Böse zu meiden, wenn man sich unter Beobachtung weiß - weil dadurch eine Art Scham vor den Fremden oder auch der Ehrgeiz, als gut zu gelten, eintritt -, als wenn man sich völlig frei von jedem Zwange fühlt.
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Hier war aber nun Gelegenheit zur Prüfung reichlich geboten; denn erstlich zog Ich Selbst Mich oft tagelang fast ganz zurück zur eigenen Vorbereitung, zweitens wandelten die Meinen hier gänzlich frei von den bewundernden Volkshaufen, die da oft vermeinten, diese Meine Jünger müßten doch ihrem Lehrmeister mindestens gleich sein, wenn nicht am Ende gar ihn übertreffen, wie es doch schon oft vorgekommen sei, daß der Schüler den Meister geschlagen habe.
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Die Einwohner von Ephrem kümmerten sich so gut wie gar nicht um uns, sondern lebten still ihrem Geschäfte und hielten uns für eine neue Art Sekte der Juden, wie sie gerade zu Meiner Zeit nicht allzu selten entstanden, und glaubten, wir seien Anhänger des Johannes, die sich hier für das kommen sollende Gottesreich vorbereiten wollten. Da sie außerdem wußten und auch sahen, daß wir die alte Burg wieder herstellten, so hielten sie uns erst recht für Sonderlinge, mit denen umzugehen nicht gut sei, um von deren Verdrehtheiten nicht angesteckt zu werden.
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So war denn also auch gerade dieser Ort der geeignetste zur inneren Selbstschulung; denn die äußere Weltlust hatten diejenigen, die Mir hierher gefolgt waren, längst abgestreift, so daß es da irgendwelcher Proben nicht mehr bedurfte. Und die in dieser Hinsicht noch zu lernen hatten, waren von uns zurückgelassen worden.
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Es sind aber nun doch noch verschiedene Ereignisse hier geschehen, die wiederzugeben notwendig ist, damit an diesen ein jeder noch lerne, wie die Schulung zu geschehen hat, und wie oft unbedeutsame Ereignisse einen großen Eindruck hervorzubringen vermögen bei der inneren Läuterung und Festigung des Willens. Diese sollen nun hier gegeben werden, damit ihr wisset, was Johannes mit den Worten ,Er hatte sein Wesen daselbst mit seinen Jüngern` (Joh.11,54) so eigentlich gemeint hat.

Fußnoten