Das Grosse Evangelium Johannes: Band 10
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr in Abila
- Kapitel 64 -
Die Frage der Belehrung der abergläubischen Heiden
Wir aber begaben uns ins Freie auf einen noch höheren Hügel außerhalb dieser Burg, als der da war, auf dem die Burg stand, und hatten da eine sehr herrliche Aussicht nach allen Seiten hin. Man übersah von da auch einen großen Teil des Jordantales - und anderseits gen Osten in den fernen Ebenen des Euphrat -, eine große Menge Gebirge und umliegende Orte. Von hier aus konnte man bis gen Jerusalem sehen; aber diesmal war diese Gegend ganz in dicke Morgennebel gehüllt, und so konnte man von den Orten Judäas nichts ausnehmen.
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Und der Hauptmann bemerkte: ,,Herr und Meister, der dicke Nebel über den Orten und Gefilden Judäas scheint mir sehr jenes Volk zu charakterisieren, dessen Herz und Verstand von einem noch dichteren Nebel umlagert ist als der, der nun ihre Gefilde vor unseren Blicken verbirgt?"
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Sagte Ich: ,,Ja, Freund, also ist es auch; darum werden auch viele in dem dichtesten Nebel ihrer Irrtümer und daraus hervorgehenden Sünden aller Art und Gattung den Tod finden. Doch lassen wir nun derlei Betrachtungen beiseite und wenden unsere Augen dem Aufgange der Sonne zu; denn es wird heute wieder ein herrlicher Aufgang zu sehen sein! Darum wollen wir alle nun ein wenig ruhen und den Aufgang der Sonne genießen!"
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Darauf wurden alle ruhig und weideten sich an den schönen, stets wechselnden Szenen des Morgens; denn in dieser Gegend ist der Morgen stets ein um vieles herrlicherer, ob der großen Ferne gen Osten hin, in der besonders viele Meteore seltener Art vor dem Aufgange der Sonne sich zu entwickeln pflegen, wovon der Grund in dem weitgehenden vulkanischen Boden in der natürlichen Hinsicht zu suchen ist. Die abergläubischen Heiden und Völker jener Gegenden hielten derlei Erscheinungen für die halbgöttischen Begleiter der Göttin Aurora, die dem Apoll stets den Weg bahne.
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Es war denn nun auch an der Zeit, den Heiden solchen Wahnglauben zu benehmen und ihnen den wahren Grund von derlei Erscheinungen zu zeigen und verständlich zu erklären, was Ich hier dem Hauptmanne und seinen Unterdienern denn auch tat, und sie auch den Grund einzusehen anfingen, warum Ich sie eigentlich auf diesen Hügel frühmorgens geführt habe.
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Als sie in allem dem unterrichtet waren und sie Mir dafür auch sehr dankten, bemerkte ein erster Unterdiener des Hauptmanns: ,,Es dürfte am Ende doch schwerhalten, besonders das gemeine Volk, das nach der Heidenpriesterlehre in jeder Wolke, in jedem Dunstgebilde, beim Aufsteigen des Küchenrauches, beim Verbrennen und Mehr- oder Minderknistern des Holzes nichts als Geister und Gnomen aller Art und Gattung sieht und von ihrem Verhalten und Bewegen Glück oder Unglück erwartet, von seinem Aberglauben abwendig zu machen!
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Denn am Ende liegt all den vielen Erscheinungen, die oft ganz seltener Art sind, etwas Geistiges zugrunde, weil ohne einen innersten und somit ersten Entstehungsgrund von was immer für einer Erscheinung nichts in ein äußeres ersichtliches Dasein treten kann. Und diesen ersten Grund haben die alten Weisen, um ihn dem Volke begreiflich und anschaulich zu machen, entsprechend personifiziert, welche Entsprechung nun freilich nur sehr wenige mehr verstehen und dafür die Erscheinung selbst für den innersten und ersten Geistgrund halten. Und es ist also schwer, derlei Menschen dahin überzeugend zu belehren, daß das, was sie sehen, nicht das ist, was sie sehen und für was sie es halten, sondern - so und so - eine notwendige Außenerscheinung von einer innersten, ersten und einem fleischlichen Auge niemals sichtbaren Ursache.
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Nun ergibt sich aber noch eine andere Frage, und diese besteht darin, ob es am Ende nicht besser ist, derlei Menschen nicht auf einmal von ihrem Aberglauben abwendig zu machen, weil sie dadurch das Gehabte zwar verlieren, aber das dafür zu Erhaltende nicht so bald in voller überzeugender Klarheit erreichen können und dadurch, wie es schon bei vielen Griechen und Römern der Fall war, nur zu leicht in den allerdicksten und höchst schwer ausrottbaren Materialismus übergehen, an dem die Bewohner eben dieser Stadt ohnehin wahrlich keinen Mangel haben. - Herr und Meister, was sagst denn Du dazu?"