Das Grosse Evangelium Johannes: Band 10
Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre
Der Herr auf dem Wege nach Bethsaida
- Kapitel 122 -
Der Herr enthüllt dem Wirt die Ursache des Ausbleibens seiner Söhne
Da vertröstete Ich den Wirt und sagte: ,,Sei darob nicht ängstlich! Deine drei Söhne werden über Bethsaida in einer kleinen Stunde hier mit einer reichen Ladung eintreffen; denn sie haben diesmal so viele Fische gefangen, daß sie samt ihren drei Lasttieren dieselben mit der knappsten Not und Mühe weiterzubefördern imstande sind. Allein in Bethsaida haben sie bei einem Bekannten zwei Lasttiere entliehen, und so geht die Weiterbeförderung der vielen und guten Fische nun schon schneller vorwärts."
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Sagte der Wirt, der am Judentume hing: ,,Wollte es der Gott der Juden, daß du die Wahrheit geredet hättest!"
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Sagte Ich: ,,Freund, wüßte Ich darum nicht für ganz bestimmt, daß es also ist, so hätte Ich dir das auch nicht gesagt; denn bei Mir geht die Wahrheit über alles, und von jeglicher Lüge bin Ich der größte Feind!"
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Sagte der Wirt, der sich über Meine Bestimmtheit zu wundern begann: ,,Freund, bist du denn ein jüdischer Seher, daß du um Dinge so ganz bestimmt zu wissen scheinst, von denen du auf dem natürlichen Wege kaum eine Kunde haben dürftest? Denn ihr kommet über Aphek hierher, welche Stadt schon ziemlich weit über der Ausmündung des Jordans aus dem Meere auf den das große Jordantal begrenzenden Bergen liegt; Bethsaida aber liegt noch an den Bergen, deren gedehnte Ausläufer die Ufer des Meeres selbst bilden, - und so kannst du selbstverständlich auf dem natürlichen Wege durchaus nicht wissen, wie es meinen heimkehrenden Söhnen ergeht.
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Da du mich aber über ihr Befinden mit aller Bestimmtheit in Kenntnis setztest, so mußt du ein Seher sein; weil du aber das bist, so sage mir zu meiner noch größeren Beruhigung, wie viele Schafe und Ziegen ich besitze!"
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Sagte Ich: ,,Freund, so du Mich kenntest, da würde Ich zu dir sagen: Es ist nicht fein, daß du Mich zu versuchen dich getraust! Aber da du Mich bis jetzt noch nicht kennst, so will Ich dir deine Frage wohl beantworten.
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Siehe denn, du besitzest dreißig Schafe, darunter zwei Männlein und somit achtundzwanzig Weiblein, von denen dir aber nur vierzehn Milch geben, die andern vierzehn aber nicht; die Ursache davon ist dir als einem Hauswirt wohl bekannt. Und siehe, gerade also verhält es sich mit deinen Ziegen! Bist du nun wohl überzeugter, daß Ich es auch wohl wissen kann, wie sich deine drei Söhne befinden?"
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Sagte der Wirt: ,,Ja, Freund, nun glaube ich deinen Worten ungezweifelt, und was du mir immer sagen wirst, das werde ich glauben; denn nun bin ich vollkommenst überzeugt, daß du wahrhaft ein Seher und somit auch ein Weiser der Juden bist!
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Siehe, ich und auch meine wenigen Nachbarn sind erst vor etwa dreißig Jahren hierher gekommen und haben uns mit Bewilligung des römischen Gerichts hier angesiedelt, weil dieser alte Ort gänzlich menschenleer war und somit auch keine Besitzer hatte weit und breit herum.
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Vor etwa fünfzig bis sechzig Jahren sollen hier noch etliche sehr verarmte Juden gehaust haben; da sie aber dem harten Boden bis auf einiges Wurzelwerk nichts abgewinnen konnten, so verließen sie diesen Ort ganz und sollen sich irgendwo am Meere Galiläas angesiedelt haben. Was da weiter mit ihnen geschah, das wird der Gott der Juden schier am allerbesten wissen.
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Wir aber waren und sind noch Griechen und kamen von Tyrus, wo wir Fischerei trieben und uns dabei ein kleines Vermögen erwarben. Wir hätten uns auch gern in einer besseren Gegend angesiedelt; aber dazu hatten wir zu wenig des dazu erforderlichen Vermögens. Mit unserem Fleiß haben wir diesen Boden teilweise doch also hergerichtet, daß er uns nun, wenn auch nur karg, ernährt.
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Wir machten in Bethsaida aber bald Bekanntschaft mit einem alten, sehr weisen Juden, der dabei aber auch ein sehr wohlhabender Mann war und uns so manche Wohltat erwies.
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Dieser Jude erzählte uns, wie dieses nun so verödete Land einst zu den gesegnetsten gehörte. Aber als die Juden von ihrem alten und allein wahren Gott nach und nach und stets mehr und mehr abfielen und Seiner zu vergessen anfingen, da zog Er auch Seine Segnungen von diesem Boden zurück, ließ große Gewitterstürme kommen, durch welche das fette Erdreich von diesen Berggegenden hinweggeschwemmt wurde, und was noch irgend von den Stürmen verschont blieb, das wurde durch oftmalige und langwierige Kriege verwüstet. Und so ward diese dereinst so übergesegnete Gegend zu einer förmlichen Wüste und würde als solche auch verbleiben, solange die Menschen sich nicht vollkommen zu Gott wieder bekehren würden.
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Für die Heiden sei da wenig Gutes zu erwarten; denn ihre Götter, die pure Phantasiebilder der Menschen und sonst nichts seien, könnten ihnen nicht helfen, und den einen, allein wahren und allmächtigen Gott der Juden erkennten sie nicht und könnten auch nicht an Ihn glauben, Seine überweisen Gebote halten und Ihn also volltrauig, wie gute Kinder ihren Vater, um Seine Hilfe und Gnade bitten. Weil solches bei den Heiden aber nicht statthaben könne, so könnten sie sich wohl selbst denken, daß bei ihnen von den außerordentlichen Segnungen keine Rede sein kann."