Bischof Martin
Die Entwicklung einer Seele im Jenseits
- Kapitel 30 -
Zwiegespräch zwischen dem Rationalisten Martin und dem weisen Lichtmanne über die Gottheit Jesu
Bischof Martin macht ein noch verblüffteres Gesicht, tut aber dennoch sogleich, was Ich ihm nun notwendig etwas ernster angeraten habe.
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Als er wieder zu den Geretteten kommt, erstaunt er, daß er sie nun schon ganz verändert antrifft. Ihre Züge sind verjüngt und veredelt, und ihre früher beinahe nackten Leiber sind mit blauen Kleidern angetan, die um die Lenden mit einem purpurroten Gürtel an den Leib in vielen reichen Falten angeschmiegt sind. Unter der Gesellschaft entdeckt er eine erhabenere Mannsgestalt mit einem glänzend weißen Hut auf dem Haupte, unter dem reiche, goldblonde Locken herumwallen bis über den halben Rücken.
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Dieser schöne Mann geht sogleich auf unseren Bischof Martin los und fragt ihn: ,,Freund, du bist schnell wieder zu uns zurückgekehrt! Hast du an dem allererhabensten Meister und Herrn dieses Hauses das gefunden, auf das wir alle dich aufmerksam gemacht haben? Ist Er das? Ist Er Jesus, der Herr Himmels und der Erde natürlich und geistlich, zeitlich und ewig?"
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Spricht Bischof Martin: ,,Jesus, - ja, ja, das ist er wohl. Aber mit der Gottheit - da scheint die Sache noch nicht ganz im Reinen zu sein. Ich meine, mit der Annahme, daß Jesus auch wirklich Gott ist, sollte man doch etwas behutsamer zu Werke gehen. Denn wenn er es am Ende doch nicht wäre und dem allerhöchsten Wesen mißfiele solch eine Annahme? - könnte sein, daß Es uns dann verdamme, zu seiner Zeit, wie Es dies schon mit vielen Völkern der Urzeit getan hat, die gewagt haben, neben Ihm an mehrere Götter zu glauben. Was täten wir dann samt unserm guten Herrn Jesus?!
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Denn bei Moses heißt es ein für allemal: ,Du sollst nur an einen Gott glauben und sollst dir weder ein geschnitztes Bild machen und es anbeten, noch sollst du wem andern als allein Mir die Ehre geben. Denn Ich bin der alleinige Herr und Gott, der Himmel und Erde gegründet hat und alles, was darauf und darinnen ist, lebt und atmet!`
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Moses spricht wohl sehr dunkel von einem Erlöser, der die Völker vom harten Joch der alten Knechtschaft befreien würde. Aber daß Jehova selbst in diesem Erlöser zur Erde herabsteigen würde, davon steht im ganzen Moses keine Silbe. Daher ist diese eure Annahme etwas zu schnell; da heißt's alles genau prüfen und wohl erwägen, was man tut.
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Haltet Moses und Jesus gegeneinander, so werdet ihr es selbst finden, wie schwer, ja wie beinahe ganz unmöglich sich die Gottheit Mosis mit der Gottheit in Jesus vereinigen läßt. Dieses schärfsten mosaischen Gottesgesetzes wegen hat ja schon Moses selbst auf Gottes Geheiß die Todesstrafe gesetzt: so jemand dadurch Gott lästern möchte, daß er entweder einem Götzen opferte, oder einen Zauberer, einen Propheten oder irgendeinen andern Helden für die Gottheit hielte! Ein Grund, der auch Jesus an das Kreuz brachte, obschon er über seine vorgeblich göttliche Sendung im Angesichte der Schriftgelehrten sich stets nur in dunklen Bildern auszudrücken pflegte.
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Es ist auch sehr schwer einzusehen, warum die Gottheit durch Moses mit solchem Himmelspompe eine Kirche gegründet hätte für oft ausgesprochene ewige Zeiten - wenn diese Kirche dann mit Jesus als derselben Gottheit gegen ihre oftmalige Verheißung einen vollen Garaus bekäme!
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Darum, liebe Freunde, ist eure vorschnelle Annahme der Jesusgottheit etwas sehr Kitzliges und Delikates hier in der Geisterwelt.
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Ich sehe wohl, daß euch wahrscheinlich diese eure Annahme in diesem Jesushause schnell in einen bessern Zustand versetzt hat durch ein kleines Hauswunderchen. Aber daß ich euch darob bis jetzt noch nicht im geringsten beneide, dessen könnet ihr völlig versichert sein. Denn ich bleibe immer bei dem Grundsatze: ,Wer zuletzt lacht, der lacht am besten!`"
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Spricht der große Mann mit dem strahlenden Hute: ,,Freund, alles, was du hier geredet hast, kenne ich so gut wie du. Und dennoch bedaure ich dich ob deiner Blindheit und befürchte sehr, daß du nach deiner Meinung je zuletzt lachen wirst. Ich und diese ganze Gesellschaft aber denken also:
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Jesus, dessen Ankunft alle Propheten gleich vorausgesagt haben, von dem David singt: ,Also spricht der Herr zu meinem Herrn!` oder: ,Also spricht Gott der Herr zu Sich Selbst: Setze dich zu Meiner Rechten, bis Ich alle Feinde lege zum Schemel deiner Füße!`, und: ,Machet die Tore weit und die Pforten hoch, auf daß der Herr der Herrlichkeit, auf daß Jehova einziehe in unsere Stadt, in die heilige Stadt Gottes, in Seine Stadt!`; -
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Jesus, dessen Geburt nach der einstimmigen Erzählung der Evangelisten voll Wunder war, ja dessen ganzes Leben eigentlich sich als ein ununterbrochenes Wunder darstellte; -
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Jesus, der in Seiner Lehre nur zu oft klar zeigte, wer Er war in Seinem innersten Wesen, und der einen der zehn Gereinigten fragte, als dieser zurückkam und Ihm die Ehre gab: ,Wo sind denn die andern neun, daß sie auch herkämen und Gott die Ehre gäben?`; -
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Jesus, der aus eigener Macht am dritten Tage aus dem Grabe erstand und hernach noch bei 40 Tage auf der Erde umherging und sie, Seine Schüler, unterrichtete, darauf vor tausend gläubigen Augen in die Himmel aufstieg und bald darauf den Geist der ewigen Kraft, Macht, Liebe und Weisheit aus den Himmeln auf die Seinen niederwehen ließ; -
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Jesus, von dem Johannes das erhabenste Zeugnis gibt, sowohl in seinem Evangelium wie auch in seiner hohen Offenbarung:
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Sage, Freund, ist es dir wohl noch möglich, diesen Menschen aller Menschen für nicht mehr als bloß nur für einen ganz gewöhnlichen Weltweisen zu betrachten? -
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Schau, Freund, ich will dir etwas recht Dummes sagen. Aber es scheint mir doch weiser zu sein, als was du sagst: Ich meine, wenn Gott der Herr nicht das Menschliche angenommen hätte, um auch von uns Menschen, Seinen Geschöpfen, gesehen zu werden, wozu wohl hätte Er uns erschaffen? Für sich nicht! Denn was hätte Er davon, so wir Ihn nie zu Gesicht bekämen und vollauf liebten? Und wozu wäre uns ein Leben ohne einen erschaulichen Gott? Denke darüber nach, vielleicht wird's dir dann doch etwas heller in deinem Verstande werden!"
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Bischof Martin spricht: ,,Laßt mich nun ein wenig in Ruhe; ich werde deine ziemlich hellen Worte ein wenig tiefer beherzigen!"
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Nach einer ziemlich langen Pause fängt Bischof Martin wieder zu reden an und spricht: ,,Freund, ich habe nun deine Worte nach allen mir denklichen Seiten erwogen und sehe nur stets mehr das Gegenteil von dem, was du ehedem behauptet hast. Dessenungeachtet aber bin ich nicht hartnäckig und will aus ganzem Herzen gerne deiner Meinung beipflichten, so du mir einige meiner Fragen zu meiner Zufriedenheit beantwortest."